Die ersten Monate des Jahres 2008 haben die grundsätzlichen Tendenzen bestätigt, über die
ich in den vorigen Berichten geschrieben habe. Ein Zeitraum von qualitativen Veränderungen für
unsere Region, an denen deutlich die Konsolidierung und Verbreiterung der Integration abzulesen sind, der
Einheit und der Kooperation zwischen den Ländern, insbesondere der Mitglieder des ALBA (Alternativa
Bolivariana para las Américas).
Der Wahlsieg des Geistlichen Fernando Lugo in Paraguay (dem die Kirchenhierarchie verboten hat,
Gottesdienste zu halten) setzt 60 Jahren der Vorherrschaft der Partído Colorado – einer Partei, die die
verlängerte Diktatur von Alfredo Stroessner unterstützt hat – ein Ende. Sein Programm der
sozialen Gerechtigkeit, von einer breiten sozialen und politischen Allianz unterstützt, ist ein neues
Element, das diese Tendenz verstärkt.
Auf der anderen Seite steht die verzweifelte Suche des Imperiums zu teilen, die benachbarten Nationen
gegeneinander aufzubringen, wie es das Massaker gezeigt hat, das kolumbianische Militärs in Ecuador
begingen, direkt und bewiesenermaßen mit technologischer und personeller Unterstützung der
Vereinigten Staaten. Dies ist nur Teil der Strategie, das Gebiet zu militarisieren, neue Militärbasen
einzurichten (wie im peruanischen Amazonasgebiet), den Separatismus voranzutreiben und den fügsamen
lokalen Oligarchien die Verwaltung der für die Transnationalen bestimmten Reichtümer
zuzuerkennen.
Die fast einstimmige Zurückweisung, provoziert durch die Bombardierung des Camps der FARC in Ecuador,
wo sich der wichtigste Unterhändler des Friedens aufhielt, der eine wichtige Rolle bei der Befreiung
der Geiseln spielte in einer Aktion mehrerer Parteien, die von Präsident Chávez eingeleitet wurde,
zeigt, dass das Imperium ungeachtet des Drucks und des Medienterrors einem sehr breiten Konsens der
lateinamerikanischen Völker und Regierungen der Souveränität gegenübersteht.
Außerdem besteht ein breiter Konsens darüber, dass der Neoliberalismus, der die Region
insbesondere in den 90er Jahren überschwemmte, keine Lösungen für die grundsätzlichen
Probleme anbot. In der Mehrzahl der Länder hat der Widerstand gegen den Neoliberalismus bedeutende
Erfolge erzielt. Es wurden Regierungen mit alternativen Programmen gewählt. Es wurden Auferlegungen
des ALCA gebremst (Tratado de Libre Comercio de las Américas – Freihandelsvertrag der Amerikas), der die
ökonomische Annexion Lateinamerikas durch die Vereinigten Staaten bedeutete. Strategische
Naturschätze wurden entprivatisiert. Der Kampf gegen Analphabetismus hat Fortschritte erzielt. Auf
einem massiven Niveau wurden die Probleme des Gesundheitswesens angegangen. Die Möglichkeiten des
Erziehungswesens auf Mittelstufen- und Oberstufenniveau wurden erweitert. Hunderte von Abkommen über
produktive Investitionen wurden unterzeichnet. Die kulturelle Integration schreitet weiter fort. Dies
alles neben weiteren konkreten und sichtbaren Erfolgen.
Alle Staaten, die ihre Gesellschaften nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch, sozial und
kulturell demokratisieren – wie Ecuador, Bolivien, Nicaragua, Venezuela und jetzt auch Paraguay, wo mehr
als 40% der Bevölkerung in ihrer Mehrheit Guaranís in extremer Armut leben – müssen mit jeder
Art von Aggression von Seiten des Imperiums und der Oligarchie rechnen.
Bolivien, wo die Stationierung ausländischer Truppen verboten wurde, lebt die Einmischungspolitik von
Philip Goldberg ("der Mann von Kosovo"), die Sabotage, die die reaktionären
Bürgermeister gegen Gesetze zum Wohl des Volkes wie die Zahlung von 200 Bolivianos als Lebensrente
für die über 60jährigen durchführen. Der Versuch, das Land zu teilen und die an Erdgas
reichsten Departamentos abzuspalten. Pläne, Evo Morales zu ermorden und viele weitere Aktionen.
Dieser Versuch der Bürgermeister, ein Referendum durchzuführen, um die Republik Bolivien und
Santa Cruz sowie weitere Departamentos zu trennen, wird von den lateinamerikanischen Ländern als
verfassungsfeindlicher Akt angesehen. Diese fordern, den Vorschlag des Dialogs, den die Regierung von Evo
machte, anzunehmen.
Einer ähnlichen Situation steht Ecuador gegenüber. Ein Land, das reichhaltige Ölreserven
besitzt. Erst kürzlich musste Präsident Correa, der sich sehr stark in der Verteidigung der
nationalen Souveränität zeigte, Änderungen bei den hohem Befehlsträgern des
Militärs vornehmen, als entdeckt wurde, dass es Pläne eines Staatsstreichs unter Beteiligung der
CIA gab.
Die bolivarianische Revolution von Venezuela – wo in den 60er Jahren die größte
Militärbasis der USA bestand – konsolidiert ihre Erfolge auf allen Ebenen, ungeachtet der
Aggressivität der Bush-Regierung und der Provokationen der Regierung von Uribe in Kolumbien. Ein
wichtiger politischer und juristischer Sieg wurde vor dem Internationalen Gerichtshof in London gegen den
mächtigen Multi Exxon errungen. Kürzlich erst wurde die staatliche Kontrolle über die
Zementindustrie wieder erlangt und es wurde angekündigt, dass den Transnationalen eine Extra-Steuer
auferlegt würde, die Tausende von Millionen mit dem Anstieg des Ölpreises verdient haben: eine
Steuer für die "ganancia súbita" (plötzlicher Gewinn).
Die Bank des Südens hat ihre Geschäfte aufgenommen. Diese Bank ist nicht nur für
Länder offen, sondern auch für soziale Bewegungen, Basisgemeinschaften und
Bürgermeisterämter. Auch muss die Vereinigung zwischen PDVSA und Petrobás (venezolanische und
brasilianische Erdölfirmen) hervorgehoben werden, und die 130 Kooperationsabkommen auf dem Sektor
Energie, der höheren Schulbildung und der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelerzeugung zwischen
Venezuela und Brasilien.
Ein weiters wichtiges Element stellte das Internationale Treffen gegen den Medienterrorismus dar, das in
Venezuela stattfand. Damit man eine Vorstellung über das Informationsmonopol in der Region bekommt,
muss gesagt werden, dass von 100 publizierten Wörtern 90 den vier großen Agenturen zugerechnet
werden, die mit dem Imperium und seinen Repräsentanten verbunden sind. Von daher wurde vereinbart,
die Entwicklung der Gemeinwesenbewegungen für die Kommunikation voranzutreiben und die Arbeit von
Telesur zu unterstützen.
In Cuba ist die Debatte so diverifiziert und intensiv, die Aktivitäten sind unzählbar, dass es
fast unmöglich ist, sie aufzuzählen. Im letzten Bericht habe ich von der Debatte auf der Ebene
der Wohnviertel geschrieben. Diese Debatte ergab sich im Rahmen der Wahlen der Delegierten der Volksmacht.
Sie setzte sich fort im Februar mit der Wahl der Abgeordneten des Parlaments des Staatsrates und der
Präsidentschaft und hat sich sowohl auf dem Niveau der breiten Basis als auch in Ergebnissen in den
Sektoren entwickelt.
Beispiele dafür waren der Nationalkongress der Föderation der Studenten der Mittelschulbildung,
das Treffen der im Ausland wohnenden Kubaner gegen die Blockade und den Terrorismus, der Kongress der
Gewerkschaft der Arbeiter und Wissenschaften – der bemerkenswerte Zahlen zur Eingliederung der Frauen
zeigte, stellen sie doch 66 Prozent der technischen Kräfte, 55 Prozent der Mediziner und 48 Prozent
der Wissenschaftler.
Neben den vielen Bereichen der Debatte ist die Transparenz hervorzuheben, die der "Kampf der
Ideen" hat. Außerdem in der Gemeinschaftsarbeit der Kongress der UNEAC (Unión Nacional de
Aritstas y Escritores de Cuba – Nationale Union der Künstler und Schriftsteller Cubas). Und wegen
seiner Bedeutung für die Zukunft der Leitung der Revolution der Aufruf eines neuen Kongresses der
Cubanischen Kommunistischen Partei für Ende des Jahres 2009.
Ich beende diesen Bericht und habe vor meinen Augen (im Fernsehen) den Aufmarsch zum ersten Mai auf dem
Platz der Revolution: Das Meer des Volkes, das sich immer zu Millionen im ganzen Land fröhlich und
kämpferisch mobilisiert.
Von den vielen Volksmobilisierungen, die in Cuba gesehen habe, hat mich diese ganz besonders durch die
ungeheure Menge der anwesenden Jugendlichen beeindruckt. Außerdem die Spruchbänder, die jedes
Kollektiv charakterisieren, die Fahnen Cubas und vieler Länder der Welt. Fast jeder Teilnehmer trug
ein eigenes Transparent, viele Fidel gewidmet und die Verpflichtung der Fortsetzung der Revolution
bekräftigend.
Wenn wir beobachten, was in den Ländern passiert, deren Regierungen das neoliberale Modell
beibehalten haben und sich an die Vereinigten Staaten mittels der Freihandelsverträge anlehnen,
sehen wir eine Zunahme der Armut, der Gewalt, der Korruption, der Abhängigkeit, der
landwirtschaftlichen Produktivitätskrise, der entstaatlichung der Natruschätze etc. Und wenn wir
zum Beispiel die Realität Cubas sehen, wo daran gearbeitet wird, die Arbeitslosenrate unter 1,8
Prozent zu senken, was von der OIT (Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen) schon als
"Vollbeschäftigung" angesehen wird, wo wichtige Projekte entstehen, um den Auswirkungen des
Klimawandels zu begegnen, um die Flussgebiete und Strände wiederzugewinnen, wo die Energierevolution
sich durch die wachsende Entwicklung der alternativen Technologie konsolidiert. Wenn wir daran denken,
dass diese Woche 170 Mediziner und Personal des Gesundheitswesens zurückkamen, die zwei Jahre in der
Republik Ost-Timor unter schwierigsten Bedingungen gearbeitet haben, und dass weitere 200 der 35.000
Fachleute im Gesundheitswesen in Aufgaben der Kooperation dorthin aufgebrochen sind. Wenn wir zum Beispiel
daran denken, dass schon venezolanische Sozialarbeiter, die in Cuba studiert haben, auf dem Weg nach
Bolivien sind, um dort im Programm der Energieersparnis zu helfen, dann können wir sagen – ohne die
Herausforderung und die bestehenden Risiken zu unterschätzen – dass von uns in unserem Amerika die
Möglichkeit einer realen Alternative zum wilden Kapitalismus gelebt wird.
María Rojas
La Habana, 1. Mai 2008
CUBA LIBRE 3-2008