Die Idee stammte von Heidi Sperber,Mitglied der FG-Regionalgruppe Nürnberg, und Edith Dufea, einer Betriebsrätin aus Erlangen: Als sie mit unserer Reiseagentur Vacancia in Cuba unterwegs waren, wurden sie von der Reiseleiterin vor Ort, Clothilde Sanchez (die sie in den höchsten Tönen lobten) in verschiedene soziale Einrichtungen geführt, u.a. in ein Heim für behinderte Kinder und Jugendliche in Havannas Stadtteil Cerro.
Das Fachpersonal kümmert sich aufopferungsvoll um die jungen Insassen die sich offenbar sehr wohl dort fühlen. Es gibt sogar eine Musiktherapeutin. Die Wirtschaftsräume waren allerdings in einem schlimmen Zustand – besonders die Waschmaschinen, und man kann sich leicht vorstellen, was für eine Menge Wäsche gerade in einem solchem heim tagtäglich anfällt. So kam man in der Gruppe auf den Gedanken, ob man hier nicht schnell und unbürokratisch ein Hilfsprojekt aus der Taufe heben könnte. Gesagt, getan. In Deutschland wurde von der FG bald ein Spendenkonto eingerichtet und als Renate und ich gegen Ende Dezember wieder mal nach Cuba flogen, waren die anvisierten 2.000 Euro zwar noch nicht ganz erreicht worden, aber infolge des günstigen Wechselkurses konnten wir doch immerhin 2.000 Dollar mit nach Havanna nehmen. Mit diesem Geld sollten wir dann – natürlich mit sachkundiger Hilfe – einkaufen gehen.
Als sie schließlich kamen, hatten wir schon fast nicht mehr mit ihnen gerechnet. 17 Uhr war verabredet gewesen. Um 18 Uhr 15 klopfte es endlich an unsere Tür. Clothilde, die resolute Reiseführerin bei Vacancia, die sich für dieses Projekt richtig ins Zeug gelegt hatte, stand da nebst einigen Helfern. Man habe keinen "transporte" gekriegt. Cubas altes Problem. Ob wir vielleicht ein Auto hätten? Aber damit konnten wir nicht dienen.
Also zu Fuß quer durch das nächtliche Havanna (Ende Dezember ist es um diese Zeit auch in Cuba dunkel). Da wir schon verflixt spät dran waren legten wir ein flottes Tempo vor. Clothilde immer vorneweg, wie ein General vor seinen Truppen. Manchmal hob sie einen Arm, damit wir sie im Menschengewusel nicht verloren.
Nach etwa einer halben Stunde standen wir schwer atmend vor der "Isla de Cuba" einem der größten Kaufhäuser der Stadt in der Nähe des Capitolio. Und die "Isla de Cuba" hatte schon geschlossen. Völlig korrekterweise, wie ein Überprüfen der ausgewiesenen Öffnungszeiten an der Glastür ergab. Während ich leise in mich hinein fluchte, veranstaltete Clothilde einen ordentlichen "ruido", um die fünf, sechs Bediensteten, die sich noch Besen schwingend in der hell erleuchteten Verkaufshalle befanden, auf uns aufmerksam zu machen. Die grinsten bloß und fuchtelten abwehrend mit den Armen, als wollten sie uns zu verstehen geben: "Verzieht euch, Leute! Morgen ist auch noch ein Tag."
Aber dann öffnete man uns doch, als man erkannte, dass wir eben nicht normale Kunden waren, für die man uns wohl zunächst gehalten hatte. Ein gewisser Emilio war über die späte Transaktion im Bilde, welche die Restbelegschaft nunmehr zwang, eine Überstunde abzuleisten.
Einer schaffte mit einer Sackkkarre ein paar Exemplare herbei, die in Frage kamen, und Clothilde ließ sich erklären, wobei ihr fachfrauliches Auge zwischen den bunten Armaturen und dem jeweiligen Preisschild hin und her irrlicherte. Ich stand dabei, nestelte an meiner Kamera herum und versuchte (vergeblich) mir nicht anmerken zu lassen, dass ich von Waschmaschinen keinen blassen Schimmer habe.
Schließlich blieb Clothildes Blick wohlgefällig an einem japanischen Produkt für 440,00 hängen. Eine hurtige Kopfrechnung hatte ihr klar gemacht, dass wir bei einem Finanzrahmen von 2.000 vier Stück davon kaufen, ferner die 30 für den gemieteten Lieferwagen zahlen könnten und dann immer noch fast 200 für Waschpulver zahlen könnten. Die Zweckgebundenen spende hätte nicht besser aufgeteilt werden können.
Nun mussten nur noch 3 identische Brüderchen dieser Waschmaschinen im hinteren Teil der Halle besorgt, aus ihren diversen Verpackungen geschält, auf ihre Funktionstüchtigkeit hin überprüft und danach wieder sorgfältig eingepackt werden. Es ist in Cuba allgemein üblich, alles, aber auch alles, was an Elektrizität hängt, an Ort und stelle durch das Verkaufspersonal testen zu lassen. Und das dauert. Wer jemals in Havanna an einem Samstagvormittag um eine kleine Flasche Haarshampoo an einer Schlange angestanden hat in einem Laden, der just an diesem Tag einkartonierte und plastikverschweißte Neonröhren im Sonderangebot hatte, der weiß, wovon ich rede.
Doch schließlich war auch diese Kuh vom Eis, und es folgte das, was ich von Herzen hasse: Ich musste all die Scheine auf den Tresen zählen. Bei so was komme ich mir immer vor wie der teutonische Macker mit dem dicken Portemonaie.
Als Clothilde Renate halblaut auf Spanisch fragte, ob wir bereit seien, den Leuten für ihre Bemühungen außerhalb der Arbeitszeit ein Trinkgeld zu geben, und die natürlich bejahte, wiesen die Angestellten, die das mitbekommen hatten, diese Idee weit von sich. Es handle sich um eine großherzige Solidaritätsspende für einen guten Zweck. Da sei es doch wohl selbstverständlich, dass sie ihren Teil zu der Aktion beitrügen, sagten sie.
Während das Bezahlens, das einschließlich des Ausfüllens der Garantiescheine eine gewisse Zeit in Anspruch nahm, waren schon die ersten beiden "lavadores" an ihrem Bestimmungsort gebracht worden.
Bei der zweiten Doppelfuhre waren wir dann auch dabei. Dadurch, dass diesmal mehr Personen mitfuhren, mussten sie beiden Waschmaschinen ziemlich abenteuerlich verkantet werden, damit die Schiebetür zuging. Auch der eben schon erwähnte angestellte Emilio ließ es sich nicht nehmen mitzufahren, um die Sache bis zum Schluss beaufsichtigen zu können.
Im Cerro wurden wir alle mit großem Hallo begrüßt – von Betreuten wie Betreuungspersonal gleichermaßen. Ein Teil von ihnen gruppierte sich für ein "photo shooting" um die vier Wunderwerke der Technik (Waschmaschinen, die wirklich waschen!).
Das war rasche, konkrete Hilfe, wo sie dringend benötigt wurde.
Dank gebührt den InitiatorInnen. Eine tolle Sache!
UF
CUBA LIBRE 2-2004