Globalisieren wir den Kampf für Frieden, Solidarität und Entwicklung gegen den Imperialismus
Für die cubanischen Delegierten begann das Festival eigentlich bereits am 2. August. Und nicht nur für die cubanischen. Zum ersten Mal schickte Cuba nämlich eine multinationale Delegation. VertreterInnen aus 52 Ländern Amerikas, Afrikas, Asiens und Europas gehörten ihr an.
Sie alle nahmen an den Vorbereitungstreffen teil, das alle Beteiligten auf das Festival einstimmen sollte. Da gaben sich der Kultusminister, der Außenminister, der Gesundheitsminister, der Erziehungsminister, die Wissenschafts- und Umweltministerin und der Präsident der Nationalversammlung die Klinke in die Hand und machten die von Cuba entsandte Delegation sicherlich zur best informierten und vorbereiteten des ganzen Welttreffens.
Cuba hat historisch gewachsene besondere Beziehungen zu Algerien. Der Außenminister Felipe Perez Roque erinnerte daran, dass die algerischen Guerillas im Kampf gegen die Franzosen zum Teil die Waffen benutzten, die das cubanische Rebellenheer der Batista-Armee entreißen konnte.
Der Che war zwischen 1963 und 1965 sechs mal in diesem Land und er ist in den Herzen der AlgerierInnen lebendig geblieben. Sie verweisen immer stolz auf den Boulevard Che Guevara im Herzen der Hautstadt.
Fidel selbst war erst in diesem Jahr dort und viele CubanerInnen arbeiten im Augenblick dort als LehrerInnen und ÄrztInnen und auf anderen Gebieten.
Zwei Flüge waren notwendig um alle 600 Delegierten und Künstler nach Algerien zu verfrachten. Alle kamen in einem StudentInnenheim der Boumediene Universität, der größten des afrikanischen Kontinents unter, die übrigens von dem brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer konzipiert wurde.
Für die 6.000 Delegierten aus 120 Ländern gab es Diskussionsforen zu den Themen: Frieden und Sicherheit, neoliberale Globalisierung und Entwicklung, Jugend und Rechte der StudentInnen, Internationale Bewegung der Jugend und StudentInnen und Demokratie, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit.
Der erste Tag war Afrika gewidmet, dem am meisten vergessenen und ausgebeuteten Kontinent des Planeten, der zum ersten Mal Gastgeber des Festivals war. Am Nachmittag fand das Afriika Solidaritätsforum statt bei dem sich Cuba unter anderem für ein Referendum über die Selbstbestimmung der Sahauris aussprach.
Cuba war auch mit einem eigenen Pavillon vertreten, zwischen Libyen und Vietnam gelegen. Außerdem war es natürlich in der Casa Club Amerika präsent.
Einem Mitglied der cubanischen Delegation wurde besonders viel Interesse und Zuneigung entgegengebracht und das war Aleida Guevara March, der Tochter des Che. Für sie war Algerien ein besonderer Ort, ein Ort, den ihr Vater liebte und wo er sich wohl fühlte und an dem sie mit Menschen zusammenkommen konnte, die ihn kannten. Er hat seine Spuren in Algerien hinterlassen und war auch auf diesem Festival überall präsent. Nicht nur auf den Che T-Shirts der Jugendlichen aus aller Welt sondern in all denen, die sich nicht davon entmutigen lassen, wie viel es noch auf dieser Welt zu tun gibt.
Obwohl das Treffen in Afrika stattfand, hatte man oft den Eindruck Cuba genösse so etwas wie einen Heimvorteil. Immer wenn cubanische Jugendliche oder ein cubanisches Kind (die jüngste Teilnehmerin war gerade neun Jahre alt) das Wort ergriff, waren ihnen die Begeisterung und Zustimmung aller sicher. Das lag sicher einmal an der guten Vorbereitung aber war auch darin begründet, dass Cuba als lebendiger Beweis, dass ein anderes soziales Projekt möglich ist, Bewunderung erfuhr.
Aber alle, die in dieses afrikanische Land gekommen waren, das ist wenigstens die cubanische Sichtweise, taten dies, weil sie erkannt hatten, dass die Welt eine radikale Veränderung braucht und weil sie gegen den gemeinsamen Feind, den Imperialismus Front machen wollten. Die Zahlen von 200 Millionen Kindern, die gezwungen sind zu arbeiten, 10 Millionen, die an heilbaren Krankheiten sterben und 800 Millionen Menschen, die chronisch Hunger leiden, ließen bei den Jugendlichen aus Libyen, Nepal, Indien, Belgien, Deutschland, Haiti, Tunesien und Ägypten nur den einen Schluss zu, dass der Kampf gegen die Globalisierung des Egoismus weltweit durchgeführt werden muss. Und wenn auch die Szenarien unterschiedlich sind, so ist es immer der gleiche Imperialismus, der in unterschiedlichen Ausdrucksformen die Völker leiden lässt.
Die VenezolanerInnen berichteten, wie man mit plumpen Diskreditierungskampagnen und Versuchen Konflikte in den Nachbarländern zu provozieren, alles daran setzt diese Revolution zu zerstören. Es war auch ein venezolanischer Delegierter, der dazu aufrief, konkret daran zu arbeiten eine weltweite Widerstandsfront aufzubauen, die als erste Szenario einen weltweit gleichzeitigen Protest vor allen US-Botschaften haben sollte.
Rafael Cancel aus Puerto Rico, der wegen seines Kampfes für ein unabhängiges Puerto Rico 28 Jahre in US Gefängnissen verbrachte, erzählte vom Kampf für die Unabhängigkeit seines Landes. Auf Bitten seiner Delegation wurde die sofortige Einstellung der US Militärübungen auf Viques und die Freilassung aller wegen zivilen Ungehorsams Inhaftierter gefordert.
Aber natürlich wurde nicht nur geredet sondern auch gefeiert oder auch beides. Die CubanerInnen hatten nämlich ihre Star Repentisten Juan Antonio Díaz und Alexis Díaz Pimienta mitgebracht. Das sind die Leute, die stundenlang (den Eindruck haben zumindest die Zuschauer) zur Gitarre, die ein anderer spielt, abwechselnd, in Reimen zu einem Thema singend sprechen können.
In das Festival fiel auch Fidels Geburtstag. Aus diesem Anlass spielte die cubanische Rockgruppe "Moneda dura" Silvios "El Mayor" (siehe CD Musica y Revolución) nur für ihn.
Am 15. August wurde die Abschlusserklärung veröffentlicht. Darin sprechen sich die Delegierten der XV. Weltfestspiele der Jugend und StudentInnen gegen den Versuch des Imperialismus aus, die Konzepte von Demokratie, Menschenrechten und sozialer Sicherheit für seine Zwecke zu entfremden. Die wahre Demokratie ist die, in der Das Volk die Macht ausübt, die es ihm ermöglicht sich in größtmöglichem Maße an den Entscheidungen zu beteiligen und in der das Recht auf ein würdiges Leben garantiert wird, heißt es weiter.
Die Jugend der Welt erkennt Cuba als das Beispiel eines Landes an, in dem ein Projekt vorangetrieben wird, wo der Mensch und seine Rechte im Mittelpunkt stehen. Sie weist ein einziges Demokratiemodell zurück, da sogar im internationalen Recht, das von der Charta der Vereinten Nationen ausgeht, festgeschrieben steht, dass jeder Staat die Freiheit besitzt, sich das politische, ökonomische und soziale System auszusuchen, das er als das angemessenste erachtet, ohne Einmischung von außen.
Übereinstimmend war man der Auffassung, dass unter der Maske von Begriffen wie "eingeschränkte Souveränität", "humanitäre Intervention" u.a. die kürzlich ins Leben gerufen wurden, die großen Mächte nur ihre Respektlosigkeit gegenüber der freien Selbstbestimmung der Völker rechtfertigen.
Das Schlussdokument bringt sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass bei bestimmten Debatten der internationalen Gemeinschaft und der wirtschaftlichen Organe, absichtlich das Recht der Völker auf Entwicklung ausgelassen wird, welches der Ausgangspunkt für die Befriedigung der Menschenrechte in ihrer ganzen Breite darstellt.
"Ohne das Recht auf Leben kann es kein Mitbestimmungsrecht geben; die Freiheit des Ausdrucks ist nur garantiert, wenn es Kultur gibt; es wird keine Umwelt geben, wenn es keine Souveränität über die natürlichen, finanziellen und technologischen Ressourcen eines Landes gibt."
Das Dokument hebt hervor, dass die Länder des Nordens mit ihrer Hilfe zur Entwicklung des Südens beitragen müssten, den sie Jahrhunderte lang ausgeplündert und in einen Lieferanten von Rohstoffen und billiger Arbeitskraft verwandelt haben wodurch sie ihre Macht und ihren Reichtum vergrößern konnten.
Man äußerte seine Besorgnis angesichts der zunehmenden Brutalisierung gegenüber denen, die sich dieser ungerechten Weltordnung entgegenstellten.
Die Erklärung verurteilt jede Form von Blockade. Sie fordert dringend eine Demokratisierung der UNO insbesondere des UN Sicherheitsrates um zu verhindern, dass der großen Mehrheit der Länder eine diskriminierende Politik auferlegt wird, während andere wegen ihrer ökonomischen, politischen und wirtschaftlichen Macht oder weil sie Komplizen dieser Macht sind, sich absoluter Straffreiheit für ihre Gewalttätigkeiten erfreuen.
Den Kommunikationsmedien wird eine tragende Rolle im Demokratisierungsprozess zugewiesen. Jedoch wird diese durch die bestehende enorme Konzentration und Transnationalisierung in frage gestellt, die den Reichen praktisch die Möglichkeit der absoluten Kontrolle der Information und Kommunikation gibt. Dieser Prozess und der noch existierende hohe Grad an Analphabetismus in der Dritten Welt, stehen einer schnelleren Bewusstwerdung im Wegen.
Zum Schluss verurteilt das Dokument die verschiedenen Formen von Rassismus und ruft alle Kräfte dazu auf, sich für den Erfolg der Anti-Rassismus Konferenz in Durban einzusetzen.
Die Bewegung der Weltfestspiele ist in und mit diesem Treffen der Jugend der Welt weiter gestärkt worden und man spricht schon von einem nächsten Festival- dieses Mal in Vietnam.
CUBA LIBRE 4-2001