Erste Industrieausstellung mit amerikanischen Firmen seit 40 Jahren in Kuba

Erstmals seit 40 Jahren haben Kuba und die USA eine gemeinsame Industrieausstellung veranstaltet. 280 Vertreter von 97 medizinisch-pharmazeutischen US-Firmen reisten nach Havanna, um die Geschäftsmöglichkeiten auszuloten.

Als langfristiges Ziel der Ausstellung vom 24. bis 29. Januar nannte der Veranstalter »PWN Exhibition Internacional«, der auch die erste Handelsausstellung mit China ausgerichtet hat, eine Ankurbelung des Absatzes von US-Erzeugnissen auf der Insel. Auf der Messe in der kubanischen Hauptstadt waren auch US-Konzerne wie der weltgrößte Vitamin-E-Hersteller»Archer Daniels Midland« vertreten.

Wie der Vorsitzende der in Conneticut angesiedelten PWN, Peter W. Nathan, erklärte, seien der Ausstellung in Havanna zweijährige Verhandlungen mit den Außenministerien beider Länder und dem US-Schatzamt vorangegangen. In den USA erfordert jedes Geschäft mit der Karibikinsel eine Sondererlaubnis des US-Finanzministeriums. Darüber hinaus darf es den US-Wirtschaftssanktionen getreu nur über Banken in Drittländern abgewickelt werden.

Die Überwindung der Hürden lässt die Organisatoren und Teilnehmer der Industrieausstellung hoffen, dass das US-Embargo in naher Zukunft aufgehoben wird. Wichtig sei der Mentalitätswandel und das Interesse der US-Hersteller und -Unternehmer an einer Beseitigung der künstlichen Hindernisse in Form der Wirtschaftssanktionen, erklärte der Vorsitzende der Kubanischen Handelskammer, Hector Perez Paez. Das Interesse der kubanischen Firmen sei auf jeden Fall vorhanden, versicherte er. Derzeit erwäge Havanna die Zusammenarbeit mit einem britischen Ableger der US-Konzerns »Smith Kline Beecham« bei der Kommerzialisierung eines kubanischen Hepatitis-B-Impfstoffs.

Doch Voraussetzung für eine US-kubanische Zusammenarbeit ist die Abschaffung des Toricelli- und des Helms-Burton-Gesetzes aus den Jahren 1992 und 1996, die die 1960 verhängten Sanktionen verschärft haben. Obwohl US-Präsident William Clinton bereits im letzten Jahr von einer Flexibilisierung der Handelsbeziehungen gesprochen hatte, »darf Kuba den USA bis heute keine Aspirin-Tablette abkaufen«.

Nach Aussagen eines US-Diplomaten am Montag hat das knapp 40jährige Wirtschaftsembargo auf den Verkauf von Arzneimitteln und medizinischen Geräten nur geringe negative Auswirkungen gehabt. So seien im ersten Quartal des letzten Jahres Produkte und Maschinen im Wert von 26 Millionen Dollar nach Kuba gegangen. Dieser Einschätzung widerspricht eine Studie der Washingtoner John-Hopkins-Universität. Darin heißt es, dass die US-Pharmaindustrie und die Herstellt medizinischer Geräte in Kuba jedes Jahr Produkte im Wert von 90 Millionen Dollar absetzen könnten.

Auch für die kubanische Seite würde sich die Zusammenarbeit auszahlen. Dadurch ließen sich rund 550 Millionen Dollar einsparen, Kosten, die dem Karibikstaat durch den Handel mit alternativen Handelspartnern entstehen. Vor der kubanischen Revolution im Jahr 1959 hatte Kuba 80 Prozent seiner Arzneimittel, Werkzeuge, medizinische Grundstoffe, Verbandsmaterialien etc. aus den USA bezogen. 30 Jahre später importierte das karibische Land mehr als 400 unterschiedliche Arzneimittel. Davon kam die Hälfte aus den ehemaligen sozialistischen Staaten.

Perez Paez zufolge sind die Arzneimittelimporte von 200 Millionen Dollar in den 80er Jahren auf 30 Million Dollar 1999 zurückgegangen. Zwar stünden die Zeichen auf Wachstum, doch werde es ohne eine Aufhebung der Sanktionen keine tiefgreifende Änderung geben.

CUBA LIBRE Dalia Acosta, Havanna
Aus: Junge Welt, 2.2.2000

CUBA LIBRE 2-2000