VIII. Buchmesse Havanna 98 – Hoffnung für die kubanischen Leser
Verschließt sich Kuba? Es macht nicht den Eindruck, obwohl das von interessierter Seite ständig behauptet wird und auch in einem Satz von Papst Johannes Paul II. Zum Ausdruck kommen sollte. Ein Land, in dem fast kein Monat vergeht, ohne daß ein Kongreß, eine "Werkstatt" oder ein Kolloquium über irgendein Sachgebiet stattfindet, das namhafte Besucher empfängt, das einen umfangreichen Tourismus betreibt und Gesetze zur Stimulierung ausländischer Investitionen erläßt, kann wohl kaum als eine Nation angesehen werden, die sich einigelt.
Nachdem der Dezember 1997 mit den 19. Lateinamerikanischen Filmfestspielen ausklang und der Januar 1998 mit dem Besuch von Literaten verschiedener Kontinente begann, die zum angesehenen Literaturwettbewerb der Casa de las Americas nach Kuba kamen, öffnete im Februar die VIII. Buchmesse Havanna ihre Pforten. Diese Buchmesse zählt zwar nicht zu den wichtigsten der Welt und erreicht nicht die Bedeutung der Messe von Frankfurt am Main. Allein aus der BRD kamen allerdings 195 Verlage. Das übertraf sogar die Beteiligung Mexikos, eines alten Partners, dem auch die diesjährige Buchmesse gewidmet war. Über 30 mexikanische Verlage stellten aus, und eine große Anzahl von Schriftstellern und bildenden Künstlern aus Mexiko war anwesend.
Wenn auch die Bilanzen bescheiden blieben, es gab zählbare Resultate. Der starke Rückgang, den die kubanische Polygrafie durch die Blockade und die ökonomische Krise erlitt, hatte zur Folge, daß in den 90er Jahren ungefähr die Büchermenge produziert wird, die der von 1959 entspricht. In den Schulen repariert und flickt man die Schulbücher. Die SchülerInnen älterer Jahrgänge geben die Lehrmaterialien an die unteren Klassen zurück. Früher stellten sie sie in ihre Bücherschränke. Für durchschnittliche LeserInnen, wissensdurstig gemacht durch ein hohes kulturelles Niveau, das 30 Jahre lang auf Kuba herrschte, in denen es JedeR als selbstverständlich empfand, daß ihm eine breite Skala an Lektüre zu geringen Kosten zur Verfügung stand, sind die Umstände hart.
Für die kubanischen SchriftstellerInnen waren die Erfahrungen nicht weniger traumatisch: Arbeiten der PreisträgerInnen von Literaturwettbewerben konnten nicht gedruckt werden. Manche suchten Publikationsmöglichkeiten außerhalb Kubas, und es gab Verleger, die die Talente billig ausbeuteten. Die Beziehungen zwischen Verleger und AutorInnen sind immer eine sensible Sache, aber unter diesen Bedingungen nahmen sie oftmals demütigende Formen an.
Darum weckte die Ankündigung des Instituto del Libro (Kubanisches Buchinstitut), daß das Buchangebot durch den Verkauf von 150 in Kuba produzierten titeln wiederbelebt werde, bei AutorInnen und LeserInnen etwas Hoffnung. Das einstige Niveau bei Auflagen und Vielfalt wiederzugewinnen, das die kubanische Buchproduktion vor 1989 hatte, ist nicht einfach und wird nicht so schnell gehen, wie es sich alle wünschen, aber etwas ist besser als nichts. An der VIII. Buchmesse Havanna 98 nahmen 307 Verlage aus 30 Ländern teil. Es kam zu verschiedenen Verträgen mit kubanischen Kulturinstitutionen, die neben einen Testen der kommerziellen Möglichkeiten sicher auch spürbare Ergebnisse, und das heißt Bücher, bringen sollen.
Elsa Claro
Junge Welt, 19.02.1998
CUBA LIBRE 2-1998