Im Sommer 1997 fanden in Kuba die 14. Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt. 12.000 Menschen aus 132 Ländern waren nach Havanna gereist.
Im August 1997 beschloß das Studentenparlament der Universität Gießen die Entsendung einer vierköpfigen Delegation nach Kuba und deren finanzielle Unterstützung. Diese Entscheidung fiel in die Zeit einer Kampagne des ultrarechten CDU-nahen RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten), den ASTEn bundesweit allgemeinpolitische Äußerungen durch juristische Schritte unmöglich zu machen.
Immer wieder trat der Münsteraner Rechtsanwalt Jürgen Milse auf, der vor Gericht hohe Geldstrafen gegen verschiedene ASTEn erstritt. So geschehen auch in Gießen: Burschenschaftler und RCDS-Mitglied Bernd Engelmann verklagte den ASTA zunächst wegen allgemeinpolitischer Äußerungen in seiner Informationsschrift "ASTA-Info" - z.B. Berichte über Kurdistan. In letzter Instanz stellt der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) fest, die Äußerungen des ASTA dürften nur "hochschulspezifisch" sein. Bei Nichtbeachtung kann eine Strafe von bis zu 500.000,- DM verhängt werden.
Nach dem Beschluß über die Teilnahme an den 14. Weltfestspielen reichte Engelmann eine Klage beim Verwaltungsgericht Gießen ein, dort unterlag er. Das Gericht stellt sich auf den Standpunkt, bei der Unterstützung der 14. Weltfestspiele handele es sich um die Unterstützung studentischer Anliegen. Dieses Urteil wurde vom Verwaltungsgerichtshof wieder aufgehoben und der Gießener ASTA zu einer Strafe von 10.000 DM verurteilt. In seinem Urteil zitiert das Gericht aus der Begründung des Beschlusses des Studentenparlaments und stellt fest: "Völkerverständigung" und "internationale Verständigung unter Jugendlichen aller Länder" seien keine hochschulspezifischen Aufgaben und Äußerungen! Der gesamten Urteilsbegründung liegt der Wille zugrunde, den ASTA zu verurteilen.
Dieses Beispiel "politischer Justiz" liegt an der Linie der Politik des "neuen Großdeutschlands", welches zur Unterstützung seiner imperialistischen Politik politische Friedhofsruhe im Inneren braucht.
In der BRD selber war dieses Urteil kaum eine Nachricht wert, aber die kubanische Vereinigung der Universitätsstudenten und der kommunistischen Jugendverband reagierten. Sie schickten dem ASTA Gießen eine Solidaritätsadresse. Unter anderem heißt es dort: "Wir sind davon überzeugt, daß solche willkürlichen Aktionen das Vorankommen der Studentenbewegung in Deutschland und auf internationaler Ebene beeinträchtigen."
Henning Mächerle
CUBA LIBRE 2-1998