Die neuen Eskalationen der Bedrohung Cubas durch die US-Administration waren zentrales Thema bei dem Gespräch des Vorstandes der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba mit Botschafter Rodney Lopez und Botschaftssekretär Marcelino Medina in der Cubanischen Botschaft.
Tatsächlich scheint der ständig abnehmende Beliebtheitsgrad von Bill Clinton in den USA diesen dazu zu veranlassen, sein Heil in verschärften Provokationen gegenüber Cuba zu suchen. Da hat er zunächst in Florida seine Anhänger unter den Exil-CubanerInnen gewonnen aber natürlich haben die außenpolitischen Drohgebärden auch immer wieder erfolgreich Signalwirkung für große Bevölkerungsteile nach dem Motto – jetzt muß dem Präsidenten aber der Rücken gestärkt werden! So sollen es derzeit etwa 42% sein, die in den USA die getroffenen Maßnahmen gegen Cuba o.k. Finden.
Man muß sich erst einmal vergegenwärtigen, wenn man die ständigen Zahlenangaben über cubanische »Bootsflüchtlinge« hört,daß die Emigration in ganz Lateinamerika gen Norden gerichtet ist, und die Zahlen aus Cuba prozentual noch deutlich unter denen anderer lateinamerikanischer Staaten liegen. - Trotz der Mauer, die die USA z.B. an der Grenze zu Mexiko hochgezogen haben.
Daß diese Emigration aus vorwiegend wirtschaftlichen Gründen eine »normale« Erscheinung in der heutigen Weltordnung ist, dem trägt man in Cuba längst Rechnung – erinnert sei an den Kongreß »Nation und Emigration« in diesem Jahr. Im übrigen wurde bereits vor etlichen Jahren eine Quote von 20.000 Visa pro Jahr vereinbart, die cubanischen Bürgern erteilt werden sollten. Diese Zahl wurde von den SUA seit langem nicht eingehalten. Gerade mal knapp 2.000 jährlich (10%) wurden vergeben.
Hofiert wurde dagegen bekanntermaßen bis August jede/r Cubaner/in (anders z.B. als die Flüchtlinge aus Haiti) die/der sich illegal mit Schlauchbooten etc. auf den Weg nach Florida machte. Sie wurden sofort mit Visum und Startkapital ausgestattet. Der Anreiz wirkte. Umso mehr, da die Daumenschrauben der Handelsblockade immer weiter angezogen wurden damit die Versorgungssituation in Cuba sich nicht verbessern könne.
Compañero Rodney, der Anfang August selbst noch in Cuba war, konnte über die Schiffsentführungen und die Unruhen in Havanna authentisch berichten, wie die Bevölkerung selbst, sich gegen die Provokateure stellte, und gemeinsam mit Sicherheitskräften und Fidel, der bereit eine Stunde nach Beginn der Auseinandersetzungen vor Ort war, den Ausschreitungen ein schnelles Ende setzte. Wobei es unter den Verteidigern der Revolution zwei Tote und zahlreiche Verletzte gab, da die Unruhestifter mit enormer Brutalität vorgegangen waren bei dem Versuch, möglichst große Sachschäden anzurichten. Bis in den Abend hinein gab es anschließend massenhafte Demonstrationen in den Straßen für die Revolution und Fidel. Rodney betonte, daß das cubanische Volk nach wie vor großes Vertrauen in die Regierung setzt und ihre Trauer um die beiden Toten mit riesigen Demonstrationen in Havanna (600.000) und Camagüey zum Ausdruck brachte.
Daß diese Vorfälle mit einer »Hungerrevolte« (bspw. In Caracas 1992 – blutig niedergeschlagen, viele Tote unter der Bevölkerung), wie von einigen hiesigen Artikelschreibern vermutet, nicht das Geringste zu tun haben, zeigte sich vor allem darin, daß es hauptsächlich zu Zerstörungen kam, jedoch kein einziges Geschäft geplündert wurde. Angeregt wurde in dem Gespräch, daß es interessant wäre, statistische Daten über die soziale Herkunft der Provokateure vom Malecón zu erfahren.
Nach den Sommerferien wurden auch in Havanna, trotz großer Schwierigkeiten, wieder alle Schulen geöffnet, keine einzige blieb geschlossen, berichtete Compañero Rodney und betonte noch, daß ebenfalls kein einziges Krankenhaus bisher geschlossen wurde, sondern enorme Anstrengungen gemacht werden, die umfassende Gesundheitsversorgung beizubehalten und zu verbessern.
Wir vom vorstand schilderten, wie wir innerhalb der Solidaritätskarawane »Ein Schiff für Cuba« versuchen, mit den gespendeten Bussen (bundesweit bereits Ende August 12 Stück!), Medikamenten und vielen anderen Spendengütern, den Kampf des cubanischen Volkes mit unseren bescheidenen Kräften so gut wie möglich zu unterstützen. Gerade bei den gegenwärtigen Entwicklungen wird diese Aktion mit den damit verbundenen Cuba-Veranstaltungen in vielen Städten der BRD, umso mehr zum Politikum, da sich die bundesdeutschen Medien zu einem Feldzug gegen Cuba entschlossen haben der seinesgleichen sucht.
Um diesem Medienkrieg, der bei uns derzeit gegen Cuba geführt wird, etwas entgegenzusetzen, waren wir übereinstimmend der Meinung, daß es unsere Aufgabe ist, wo immer die möglich ist, mit LeserInnenbriefen, eigenen Artikeln, Interviewangeboten etc. an Regionalzeitungen, alternative Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsender heranzutreten. Es gibt unendlich viele Lügen, die derzeit verbreitet werden. Geschichtsfälschungen, etc. denen wir entgegen treten sollten. Wir sollten zumindest versuchen, auch die cubanischen Positionen in die Medien zu bringen. Das derzeitige Interesse an Cuba ist und dabei durchaus nützlich, wie zahlreiche bereits erschienene Artikel und LeserInnenbriefe belegen. Jedes Mitglied unserer FG, könnte in seinem Bereich wertvolle Unterstützung leisten. Bitte sendet Kopien eurer Briefe auch an die cubanischen Freunde in der Botschaft, sie freuen sich sehr darüber, wenn sie jede Form internationalistischer Unterstützung auch nach Havanna berichten können!
(Cubanische Botschaft)
Kennedyallee 22.24, 53175 Bonn)
27. August 1994
CUBA LIBRE 3-1994