Der einzige Weg für die Botschaftsbesetzer:

Ohne Vorbedingungen dort herausgehen, wo sie hineingegangen sind.

Seit einigen Tagen sind in den Botschaften von Belgien und Deutschland und im Konsulat von Chile etwas mehr als einhundert Personen zu Gast. Sie haben vor, in diese Länder zu reisen um von dort aus schließlich an ihr Ziel zu gelangen: die Vereinigten Staaten.

In diesem bereits langen Kampf unseres Volkes haben wir viele Formen erlebt, mit denen die verschiedenen Administrationen der USA versucht haben, die Desertion zu fördern und mit Pauken und Trompeten zu verkünden, wie notwendig es sei, das "schlechte Beispiel", das Cuba darstellt, von diesem Kontinent zu vertilgen.

In der letzten Zeit haben sich die Anstachelungen zu illegalen Ausreisen und zum gewaltsamen Eindringen in diplomatische Vertretungen verschärft, fast im gleichen Maße, wie die wachsende Solidarität, die Cuba in der zivilisierten Welt wachruft, dank seiner unbeugsamen Haltung gegen eine aggressive und stupide Politik.

Um diese unverantwortlichen Handlungen zu fördern, werden denjenigen systematisch Visa verweigert, die auswandern wollen, werden die Auswanderungsabkommen nicht erfüllt; während sie immer höhere legale Hürden auftürmen, halten sie ihre Küsten offen, um mit großem publizitären aufwand diejenigen zu empfangen, die diese Odyssee überlebt haben. Nicht wenige in Miami machen ein einträgliches Geschäft mit diesem Menschenhandel.

Unser Volk ist davon überzeugt, daß, wenn die Ziele wirklich humanitärer Natur wären, es genügen würde, all denjenigen Visa zu geben, die sie beantragen, die Grenzen für illegale Einreisen zu schließen und denjenigen Möglichkeiten einräumen, die sich im gelobten Land niederlassen wollen.

Aber das gelobte Land wird nur versprochen und nicht gewährt, es sei denn unter Einsatz des eigenen Lebens. Das ist der Fall derjenigen, die heute die drei diplomatischen Vertretungen besetzt halten.

Wir wollen niemanden beleidigen, der ausreisen will. Wir respektieren das Recht zu leben, wo immer es jemandem gefällt, aber wir lassen und nicht ein X für ein U vormachen und einfachen Auswanderern nicht existierende Gründe zuschreiben, die persönliche, familiäre oder wirtschaftliche Gründe haben oder einfach nur das Abenteuer suchen.

Unter den Gästen im belgischen Hotel sind 34, die wegen eindeutig antisozialem Verhalten verwarnt worden sind und 25 sind wegen gewöhnlicher Vergehen vor Gericht gewesen, darunter auch gewaltsamer Raub, eine Erfahrung, die sicherlich beim Eindringen in das Gebäude hilfreich war.

In dieses Abenteuer mit angekündigtem Ausgang wurden auch 25 Kinder hineingezogen, darunter der jüngste "politisch Verfolgte" der Welt, ein Baby von erst wenigen Monaten. Ungefragt in das Drama einbezogen, zu dem sie ihre unverantwortlichen Eltern gezwungen haben, leiden sie unter Nahrungsmangel und der Enge.

Viel schlimmer war, daß die angeblichen politischen Flüchtlinge, nachdem sie illegal und ohne Respekt in die Residenz des belgischen Botschafters eingedrungen waren, das Gebäude dazu benutzten, eine angebliche Organisation zu gründen, Propaganda zu verbreiten und Plakate aufzuhängen, das Ganze unter dem Dach der belgischen Residenz.

Man muß es wiederholen: die diplomatischen Vertretungen können nicht als politisches Aktionszentrum gegen das Gastland benutzt werden, denn damit werden die Funktionen, für die sie akkreditiert sind, verletzt.

Das belgischen Außenministerium hat verantwortlich gehandelt und seinen Botschafter in Havanna angewiesen, seine Gäste auf die illegale Natur ihres Verhaltens aufmerksam zu machen, indem es das Territorium dieses Landes und die cubanischen Gesetze verletzt, und sie aufgefordert sich der Provokationen in seinem Garten zu enthalten.

Es ist wichtig, die Gelassenheit unserer Wächter zu unterstreichen. Ihr ausgleichendes Verhalten half Verletzungen zu vermeiden, wenn auch ihr eigenes Leben in Gefahr stand.

Sechsundvierzig Personen haben bereits das Anwesen verlassen und sind wieder zuhause.

Wir müssen festhalten, daß diejenigen, die sich vor und während des brutalen Eindringens in die Botschaften eines Vergehens schuldig gemacht haben, dafür zur Verantwortung gezogen werden. So z.B. die Übeltäter, die einen Lastwagen gestohlen haben und das Staatseigentum beschädigt haben, indem sie ihn gegen den Zaun der deutschen Botschaft lenkten, werden sich dafür vor Gericht verantworten müssen, nicht wegen des illegalen Eindringens als solchem – denn wir haben ja für dieses Mal sowohl an Belgien als auch an Deutschland Garantien als Gäste des guten Willens ihren Regierungen gegenüber abgegeben – aber diese Garantien decken nicht die Straffreiheit für Vergehen anderer Art ab. Die Täter völlig unbehelligt zu lassen, würde sie nur dazu ermuntern, gewaltsam in diplomatische Vertretungen einzudringen. Einige sind schon Wiederholungstäter und das kann nicht hingenommen werden.

Cuba ist sich darüber im Klaren, daß die Mehrheit des in unserem Lande akkreditierten diplomatischen Korps die Haltung unserer Regierung versteht, mit ihr übereinstimmt und in dieser Richtung mit ihr zusammenarbeitet.

Hier müssen wir nun unser unabänderliches Prinzip deutlich und in Großbuchstaben betonen:

Absolut niemand, der gewaltsam in eine diplomatische Vertretung eindringt, wird die Ausreiseerlaubnis erhalten, weder jetzt noch später; dies ist eine unabänderliche Haltung die wir auf keinen Fall aufgeben werden.

Es wäre für Cuba einfach, denjenigen, die sich für das gewaltsame eindringen in Botschaften entscheiden, die freie Ausreise zu gewähren. Aber wer würde den Schaden davon tragen? Wer wäre denn der Gewalt jedweden Eindringlings preisgegeben, der die Unverletzlichkeit seines Territoriums schändet, um auszuwandern?

Wie würden sich dieselben Regierungen verhalten, wenn Haitianer, die heutzutage massenweise zurückgeschickt werden, nunmehr vorziehen würden, massenweise in ihre diplomatischen Vertretungen einzudringen? Und wenn die mexikanischen espaldas mojadas, die illegalen Grenzgänger in die USA, anstatt ihr Leben an dem mit Waffen gespickten Grenzzaun, wo sie den Gewehrschüssen ausgesetzt sind, zu riskieren, lieber über die Gitter in die europäischen oder lateinamerikanischen Botschaften in Mexiko springen?

Cuba steht in der Verantwortung, die diplomatischen Anwesen zu schützen, in der Schuld, über die Immunität und Unverletzlichkeit derer Territorien zu wachen, und Cuba wird diese Verpflichtung bis ins kleinste einzuhalten wissen.

Die Erfahrung von mehr als drei Jahrzehnten Widerstand gegen Erpressung, Blockade und direkte oder indirekte Aggression hat uns gelehrt, daß man nicht einen Fingerbreit nachgeben darf. Von dem Prinzip abzuweichen, heißt es zu verlieren. Das ist die beste Garantie für diejenigen, die ihr Land in Cuba vertreten.

Es bleibt noch die Frage: wozu das Ganze? Etwa um diesen Weg als legitime Methode zum Verlassen des Landes zu etablieren? In Cuba einen neuen Stil zur Erlangung von Einreisedokumenten für ein Land einzuführen, anders als in anderen Hauptstädten üblich? Wünscht an künstlich eine politische Situation herbeizuführen, mit Absichten, die denen von den USA vergeblich angestrebten verdächtig ähnlich sehen? Will man die Atmosphäre verderben, die auf dem kürzlich abgeschlossenen vierten iberoamerikanischen Gipfel in Cartagena de Indias gegenüber unserem Land herrschte?

Gegenüber mächtigen Feinden haben wir nicht gezittert. Inmitten der Feindseligkeit haben wir widerstanden. Wir sind kein Volk, das man in Angst und Schrecken jagen oder auf die Anklagebanksetzen kann.

Es wird Zeit, ein für allemal zu verstehen: Cuba gestattet keinen Druck, keine Pressionen, woher sie auch kommen mögen, und drücke wer auch drücken möge. Man hat uns in Standhaftigkeit erzogen und wir haben die Lektion gut gelernt. Man hat uns die Unverletzlichkeit von Prinzipien beigebracht und wir sind gute Schüler. Man hat uns gelehrt, daß man dem Feind auch nicht so ein kleines bißchen nachgeben darf, und wir sind treue Jünger.

Cuba ist ruhig und gelassen, niemand trübt das saubere Gewissen eines Volkes, das ohne Zittern seiner Glieder harte Proben bestanden hat. Unser Außenminister hat ausführlich die Positionen unserer Revolutionsregierung dargelegt und steht voll und ganz zur Zusammenarbeit mit allen akkreditierten diplomatischen Missionen bereit, um die Konflikte, die sie haben, zu lösen und dabei auch zukünftige Schwierigkeiten auf vernünftiger Grundlage zu verhindern.

Die Gäste von Belgien, Deutschland und des Konsulats von Chile haben nur einen Weg: ohne Vorbedingungen dort herauszugehen, wo sie hineingekommen sind.

CUBA LIBRE Granma Internacional, 29.06.1994

CUBA LIBRE 3-1994