Aufruf zur Kuba-Solidaritätsdemonstration
am Samstag, 16. Oktober 1993, in Bonn
Treffpunkt: Münsterplatz, 11 Uhr
Kuba befindet sich in der schwierigsten ökonomischen Lage seit der Revolution von 1959. Das kubanische Volk kämpft im wahrsten Sinne des Wortes um seine Existenz. Mit dem Zusammenbruch des RGW hat es innerhalb weniger Monate 85% seiner Außenwirtschaftsbeziehungen eingebüßt. Die Beziehungen zu den ehemaligen RGW-Staaten boten Kuba in den vergangenen Jahrzehnten Ausgleich und Gegengewicht zu der seit nunmehr 32 Jahren währenden Wirtschaftsblockade seitens des US-Imperialismus.
Die BRD-Regierung beteiligt sich aktiv an dieser Blockade durch den völkerrechtswidrigen Vertragsbruch bezüglich der bis 1989 geltenden über 100 Verträge zwischen Kuba und der DDR.
Im Dezember 1992 wurde diese Blockadepolitik weiter verschärft durch die Verabschiedung des sogenannten "Toricelli-Gesetzes": Auch die neue Regierung Clinton ließ bisher keinen Kurswechsel erkennen. Die Strategie des US-Imperialismus, in den CIA-Zentralen ersonnen und schon mehrfach erprobt, zielt auf das Aushungern des kubanischen Volkes. Mit dieser Strategie ist das Schüren von Unzufriedenheit, Unruhe und die Schaffung eines Oppositionspotentials verbunden, dann dann mit kräftigem Sponsoring durch die USA das sozialistisch-orientierte System Kubas stürzen soll.
Die bereits genannte BRD-Politik ist in diese gemeinsame Strategie des Imperialismus eingebettet.
Gleichzeitig wird die Forderung nach Einführung eines Mehrparteiensystems und "freien" Wahlen erhoben mit dem ziel, Kuba in den US-Hinterhof zurück zu führen und in die kapitalistische "neue Weltordnung" einzufügen. Diese Forderung wird von denselben Regierungen und Parteien – auch in der BRD erhoben, die sich nicht scheuen, Diktaturen in aller Welt zu unterstützen.
Bei den im Februar auf Kuba trotz verschärfter Lage durchgeführten Wahlen zur Nationalversammlung hat die übergroße Mehrheit der kubanischen Bevölkerung dieser Alternative ("Neue Weltordnung" und kapitalistischer Hinterhof") eine deutliche Abfuhr erteilt und deutlich gemacht, daß es seine Entwicklungsprobleme autonom lösen will.
Daher ist weiter damit zu rechnen, daß verdeckte und offene Interventionsversuche, von denen Kuba in den vergangenen 30 Jahren jede Menge zu spüren bekam, der kubanischen Bevölkerung die "richtige", sprich prokapitalistische, Sichtweise von "Freiheit und Demokratie" beibringen sollen. Der Stützpunkt Guantánamo, eine US-Marinebasis auf Kuba, bietet dafür einen günstigen Ausgangspunkt – ebenso wie das nur 132 km entfernte Miami. Dort rufen die "Miami-Kubaner" tagtäglich zum Sturz der kubanischen Regierung auf, planen Terroraktionen und militärische Interventionen.
Sabotageaktionen, Unterstützung bewaffneter Terrorbanden, Medienkrieg gehörten und gehören schon immer zum Arsenal der Kriegsführung gegen die Revolution und den revolutionären Prozeß in Lateinamerika. Mit dem "Toricelli-Gesetz" wird die Verschärfung der Blockadepolitik vorangetrieben, indem gegen Firmen, Organisationen und Regierungen, die mit Kuba handel treiben wollen Sanktionen verhängt werden.
Ein alternatives Entwicklungsmodell soll zerschlagen werden.
Das kubanische Volk hat durch seine Revolution in einem Land der Dritten Welt Enormes erreicht, so bei der Verwirklichung der Menschenrechte auf Selbstbestimmung, Nahrung, Gesundheit, Wohnen, Bildung, Ausbildung, Entwicklung, soziale Gerechtigkeit.
Das kubanische Volk hat dabei immer mit anderen geteilt. Seine Lehrerinnen und Lehrer, Ärztinnen und Ärzte, Technikerinnen und Techniker arbeiten in zahlreichen Ländern der Dritten Welt; Verfolgten und Verletzten aus ganz Lateinamerika gewährte und gewährt das sozialistische Kuba Zuflucht und medizinische Versorgung.
Tausende von strahlungsgeschädigten Kindern aus Tschernobyl fanden und finden hochqualifizierte Betreuung.
Kuba war und ist deshalb für andere Länder, vor allem in der Dritten Welt, eine Ermutigung. Es ist ein Aktivposten gegenüber der wachsenden Verelendung von Dreiviertel der Menschheit in der kapitalistischen "Neuen Weltordnung".
Durch die Embargo- und Blockadepolitik sind weltweit anerkannte Errungenschaften auf Kuba bedroht.
Nach Informationen der UNICEF und des kubanischen Gesundheitsministeriums führt die Krise der Lebensmittelversorgung bei 35% der Schwangeren zu deutlichen Zeichen von Blutarmut. Bei der Hälfte der Säuglinge im Alter von sechs bis zwölf Monaten hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre das Geburtsgewicht bedeutend verringert.
Die BRD ist mitverantwortlich
Auch die BRD-Regierung beteiligt sich an den Strangulierungsversuchen gegen Kuba. So hat die Regierung Kohl entgegen den von ihr eingegangenen Verpflichtungen im deutsch-deutschen Einigungsvertrag einseitig und völkerrechtswidrig alle gültigen Verträge Kubas mit der DDR aufgekündigt.
Die selbsternannten Hüter der Menschenrechte stoppten die Handelsverträge über Futterhefe gegen Milchpulver für Kubas Kinder und alte Menschen.
Die Bundesregierung sabotiert den Aufbau einer Nickelfabrik, mit deren Hilfe die kubanischen Exporteinnahmen aus dem Nickelgeschäft von 150 Mio. auf 800-1.000 Mio. Dollar gesteigert werden könnten. Die deutsche Regierung weigert sich, mit der DDR vereinbarte 70 Mio. Dollar für die Fertigstellung des zu drei Vierteln errichteten Betriebes zur Verfügung zu stellen.
Verstärkung der internationalen Solidarität – gerade jetzt !
Gegen diese menschrechtsverletzende Blockadepolitik gibt es weltweiten Widerstand.
Auch von der 47. UNO-Vollversammlung im Herbst 1992 wurde sie (gegen drei Stimmen) als Verstoß gegen die UNO-Charta und als Angriff nicht nur auf die Souveränität Kubas verurteilt.
Der UNO-Generalsekretär Boutros Ghali wurde beauftragt, auf der kommenden 48. UNO-Vollversammlung im November 1993 einen Bericht über die Einhaltung dieser Resolution vorzulegen.
Es kommt darauf an, die internationale Solidarität mit Kuba zu verstärken. Deshalb rufen wir auf zu einer bundesweiten Demonstration und Kundgebung am
16 Oktober 93 in Bonn, Münsterplatz, 11 Uhr
Wir fordern
- die unverzügliche, bedingungslose Aufhebung der durch EG und BRD unterstützten völkerrechtswidrigen Blockade Kubas;
- die Einhaltung der UNO-Beschlüsse zur Beendigung der Blockade durch die Bundesregierung;
- die sofortige Erfüllung aller Verträge Kuba-DDR durch die BRD;
- die sofortige Wiederaufnahme der vertraglichen Lieferungen und Bereitstellung der vereinbarten erforderlichen Kredite;
- den Abzug aller US-Truppen aus Guantánamo !
- Schluß mit CIA-unterstützter, bewaffneter Aggression und Subversion und Terroraktionen gegen Kuba keine offenen US-Militäraktionen !
- Keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Kubas !
- Keine Instrumentalisierung der "Menschenrechte" zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten Kubas !
- Schluß mit dem Medienkrieg gegen Kuba !
- Weder US-Hinterhofpolitik in Lateinamerika noch kapitalistische "Neue Weltordnung" !
- Wir rufen alle, für die Solidarität auch weiterhin ein grundlegender Wert bleibt, auf, sich für Kuba materiell und politisch zu engagieren.
- Wir rufen alle, die sich als Person oder als Organisation als Freundinnen und Freunde Kubas verstehen, dazu auf an der Kuba-Solidaritätsdemonstration am 16. Oktober in Bonn mit eigenen Plakaten, Flugblättern, Transparenten usw. teilzunehmen.
- Setzen wir ein deutliches Zeichen gegen die unmenschliche Blockade Kubas, an der sich die deutsche Regierung aktiv beteiligt !
Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner (Organisations- und Funktionsangaben dienen ausschließlich der Information) in alphabetischer Reihenfolge:
AKTIF (Föderation der Kurdisch-Türkischen Arbeitervereine e.V.); Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD Frankfurt/M.; ASTA-Antifa Referat Bonn; Arbeitsgemeinschaft ChristInnen bei der PDS, Berlin; Ludger Baak, Frankfurt/M.; Prof. Dr. Theodor Bergmann (Mitgl. PDS Stuttgart); Sigmut Gräfin Bernstorff (Dipl.-Psych. Klin.Psych. BSP München); Friedhelm Julius Beucher (MdB, Bonn), Norbert Bockers, Aachen; Eberhard Bork (Cuba Sí, Berlin); Eva Böller, Bremen; Hans-Peter Brenner (DKP-Partei Vorstand); Verdinand Burkert (Deutscher Freidenker Verband Offenbach); Ernst Busche, Bremen; Ernst Buschmann (Gemeinschaft der ehem. republikanischen Spanienfreiwilligen); Helmut Carduck (Vors. DKP-Kreisorg. Neckar-Fils, Betriebsrat, ÖTV-Mitglied), Emil Carlebach (Internationales Buchenwald-Komitee); Werner Cieslak (Sprecher des Solidaritätskomitees gegen die Verfolgung von Kommunisten in Deutschland); Cuba-Gruppe Bonn; Cuba Sí Arbeitsgemeinschaft der PDS, Berlin; Franz-Josef Degenhardt, Quickborn, Deutscher Freidenkerverband e.V. München; Devrimci Sol Gücler, Europa; FG BRD-Kuba e.V. Oldenburg; Dieter Flesinger (1. Vors. Landesjugendring Schleswig-Holstein); Freie Flüchtlingsinitiative Nürnberg e.V.; Freunde der Comisiones Obreras C.C.O.O., Frankfurt/M.; Dr. Ernst-Fidel Fürntrapp-Kloep (Universitätsprofessor, Hackas/Schweden), Horst-Eckart Gross (FG BRD-Kuba e.V. Bielefeld); M. Gunkel, Oldenburg; Frieda Hafenrichter (Mitgl. ÖTV, Esslingen), Dr. Wolfgang Haible (Mitgl. PDS Stuttgart); Heinz W. Hammer (Bundesvorstand FG-BRD-Kuba e.V.); Kurt Heiler (Vorstand Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, VVN-BdA Aachen), Karl Holzmann (Gewerkschaftliche Cuba-Hilfe Stuttgart); Otto Hommel (Vertrauensmann IG-Metall), Harry Hoppe (Computergrafiker); Infoladen Würzburg; Infoladen Anschlag, Bielefeld; Informationszentrum für freie Völker e.V. Köln; Özgür-Halklar-Komitesi; Jutta und Hans Jeschke, Halle/Saale; Kampagne "Weg mit der Blockade", CH-Luern; Dietrich Kittner (Schriftsteller, Kabarettist); Hans Kloep (Journalist, Bergisch-Gladbach); Dr. Marion Kloep (Universitätslektorin, Hackas / Schweden); Heide Kreuzinger-Janek, Oldemburg; Jürgen Kuszinski, Berlin; Chritian Lehsten (Fotograf, München); Benita und Herbert Lederer, Essen; Ekkehart Lenz, Bremen; Hanne List, Nürnberg; Siga Luthner (Mitgl. GEW München); Henning Mächerle (FG-BRD-Kuba e.V., Gießen); Michael Opperskalski (Redakteur "Geheim-Magazin" Hrsg. "Top-Secret"-Magazin); Dr. med. Nasrin Opperskalski (Vorstand "Verein zur Förderung des Studiums der Arbeiterbewegung/Köln"); Markus Pachowiak (Context-Pressebüro, Berlin); Manuel Parrondo (Mitglied der kommunalen Ausländervertretung Frankfurt/M.); Stelios Pavlidis (FG-BRD-Kuba e.V. Aachen) Wolfgang Peter (FG-BRD-Kuba e.V. Langenau/Ulm); Dr. Werner Petschik (Mitgl. DJU-Bundesvorstand/IG-Medien); Sabine Petz, Regensburg; Thomas Pillich (Bundesvorstand Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend); Friedrich Pospiech (Dipl. Volkswirt, Mitgl. IG-Medien); Redaktion Kommunistische Arbeiterzeitung, München; Peter Rolf (FG BRD-Kuba e.V. Münster/Münsterland); Roter Winkel, Antifa-Zeitung Bielefeld; Margret E. Sari, Hamburg; Dipl. Psych. MA A. Schön (DKP Darmstadt-Dieburg); Manfred Scholz (Bildjournalist, Essen); Dr. Hannelies Schulze, Heidelberg; Ekkehard Schulz, (PDS Landesverband Brandenburg); Marianne Schweinesbein, (FG-BRD-Kuba e.V. Nürnberg); Dr. Robert Steigerwald, (Deutscher Freidenkerverband); Gabi Ströhlein, (Vorsitzende FG BRD-Kuba, e.V.); Werner Ströhlein (FG BRD-Kuba e.V., Südbayern); Hannes Schütz, Bremen; Taller de la Solidaridad, Darmstadt; TKEP (Kommunistische Partei der Arbeit Türkei); Vereinigung Schweiz-Cuba, Sektion Zürich; Etelka und Sigmund Voigt (FG BRD-Kuba e.V., Ludwigsburg); Florian von Bothmer (JRE-Jugend gegen Rassismus in Europa); Zentralamerikakomitee (ZAK, Tübingen).
Weitere Unterstützungsunterschriften:
Bunte Liste Oberhausen, Erasmus Schöfer, Köln; Uto Kohlenburg, Aachen; Dagmar Floetz (Übersetzerin, München)
CUBA LIBRE 3-1993