Meine Herren Präsidiumsmitglieder!
Sehr geehrte Herren Parlamentarier!
Wir haben uns in einer unsicheren Zeit versammelt, Ich vergesse nicht, daß in diesem Saal Menschen verschiedener Anschauungen und Ideologien sind. Doch nehme ich an, daß uns die gemeinsame Sorge um die Sicherheit der Welt eint, in der das Heimatland eines jeden von uns und die Völker, die sie bewohnen, einen heiligen Platz in unseren Herzen haben. Ich begrüße Sie alle hier, in unserem Lande, auf das herzlichste.
Meine Worte mögen nicht allen gefallen, aber ich möchte niemanden beleidigen; ich will nur offen meinen Standpunkt darlegen, ausgehend von Fakten, die mir objektiv erscheinen. Hierbei kann ich nicht umhin, mein Urteil über einige Regierungen und ihren jeweiligen politischen Kurs zu äußern. Was ich sagen werde, betrifft nicht die Völker, sondern die Regierungen, und wer mit mir nicht einverstanden ist, kann mir von derselben Tribüne aus entgegnen, und diese Meinung wird mit größter Achtung entgegengenommen werden, Wie übrigens auf jeder Konferenz, sind die letzten Redner stets in einer günstigeren Lage: Ihre Äußerungen wirken frisch, während die Ausführungen der vorigen Redner von vielen schon vergessen worden sind.
Ich beginne mit den internationalen Wirtschaftsproblemen.
Aus verschiedenen Anlässen betonten wir, daß der Frage des Friedens - der Hauptfrage für die Völker - die wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit auf . unserem Planeten zugrunde liegt. Man kann die politischen Gegensätze, die Spannungen und Konflikte, die die internationalen Beziehungen gefährden oder stören, nicht beseitigen, solange in der Welt nicht eine neue Wirtschaftsordnung hergestellt ist, die die harmonische Entwicklung der Völker fördert und die Ungleichheit zwischen den Ländern vermindert.
Charakteristisch für die heutige Weltwirtschaftslage ist eine offensichtliche Spanne zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Hunderte Millionen in Ländern, auf die über drei Viertel der Erdbevölkerung entfallen, leben in Armut, leiden unter Hunger, Krankheiten und Unwissenheit. Solange mit dieser dramatischen Lage einer gewaltigen Mehrheit der Menschheit durch Errichtung neuer, auf Gleichheit und Gerechtigkeit beruhender Wirtschaftsbeziehungen nicht Schluß gemacht ist, wird es schwerlich möglich sein, dem wahren und dauerhaften Frieden näherzukommen.
Die in den letzten Jahren festzustellende rasche Verschlechterung der Wirtschaftslage, die sich auf die Länder der dritten Welt auf das verderblichste ausgewirkt hat, erforderte eine verstärkte Suche nach Maßnahmen, um die Tendenz, die die meisten Länder zur unüberwindlichen Wirtschaftskrise mit schweren und gefährlichen Folgen sozialer und politischer Art für alle treibt, zuerst aufhalten und dann auch rückgängig machen zu können.
Auf diese Weise kam 1974 die Idee einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung auf. Das geschah vor dem Hintergrund der kapitalistischen Wirtschaftskrise von 1974/75, der schwersten der Nachkriegszeit, die nach einer vorübergehenden Verbesserung 1976 weiter anschwoll, Charakteristisch waren die Labilität, die Schwäche der Wiederaufbauprozesse, die Tendenz zu neuen Rezessionen, die Verschärfung des Konkurrenzkampfes im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich, die hemmungslose Inflation und die wachsende Arbeitslosigkeit. In ihren Besonderheiten, ihrer Beharrlichkeit und Schwere war diese Krise ein Ausdruck der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems, das absolut unfähig ist, die Lösung der Probleme zu finden, die sich aus seinen Wirren, der: Zuspitzung der zwischenimperialistischen Widersprüche und dem Zerfall des nach dem Krieg entstandenen neokolonialistischen Systems ergeben.
Die Kapitalisten sahen sich gezwungen, die Profitrate zu erhöhen, was gegenwärtig weit schwieriger als je zuvor in der Nachkriegszeit ist, weil sie in hohem Maße von der Verstärkung der imperialistischen Ausbeutung der Entwicklungsländer abhängt.
Aus dieser dramatischen Situation, die sich verschärft, wurde kein Ausweg gefunden und bei der Errichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung, die für die Länder der dritten Welt eine Frage von Leben und Tod ist, kein einziger Schritt vorwärts unternommen.
Die US-Regierung erhöht beispiellos die Zinssätze und verschärft dadurch die weltweite Krise. Einerseits erhöht sie im innenpolitischen Bereich den Geldwert, um das wirtschaftliche Wachstumstempo zu drosseln und so die Inflation zu hemmen oder sogar zu beseitigen. Andererseits beabsichtigt sie (und hat es schon erreicht), durch günstige Zinssätze aus Europa nicht nur Eurodollars, die verantwortungslos auf den europäischen Markt zwecks Finanzierung des Vietnamkrieges geworfen wurden, sondern auch Geld aus der BRD, aus Frankreich, Großbritannien, Italien und den anderen EG-Ländern heranzuziehen, wodurch sie der Wirtschaft ihrer westlichen Bündnispartner noch größeren Schaden zufügt.
Auf diese Weise haben die USA ihre Konkurrenten geschwächt und praktisch ihre Währungen entwertet. Außerdem wird die von ihnen importierte amerikanische Technologie verteuert, desgleichen das Erdöl, das sie aus anderen Ländern einführen müssen, während die europäischen Waren für den US-Konsumenten billiger werden. Die EG sah sich zu eiligen Wirtschaftsmaßnahmen genötigt, Der eindeutige und energische Protest Präsident Mitterrands bringt die allgemeine Stimmung der EG-Staaten zum Ausdruck. In vielen Ländern der dritten Welt wirkt sich das Abebben der konvertierbaren Währungen ebenfalls negativ aus, sie werden von den hohen Zinssätzen der US-Banken angezogen, die ihrerseits die Zinsen auf die ständig erneuerten, ungeheuer wachsenden Schulden der Entwicklungsländer unerträglich heraufsetzen.
Aber wie schwer die Wirtschaftskrise des Kapitalismus mit ihren chronischen Folgen – Stagnation, Inflation, Arbeitslosigkeit, Vergeudung, Deformation - auch ist, noch schwerer, ja unerträglich ist die Lage der Entwicklungsländer, die eine Art vergrößertes Spiegelbild der Krise des Kapitalismus darstellt.
Die kapitalistischen Industrieländer trugen in diese Staaten Elemente der eigenen Wirtschaftskrise hinein und fügten noch neue hinzu, Die zunehmende Abhängigkeit der Wirtschaft der Länder der dritten Welt von den Industriestaaten hat ihre ohnehin ungünstige Lage im gegenseitigen Handel noch verschlechtert. Die Hauptrolle in, diesem beschleunigten destruktiven Prozeß spielen Privatbanken und internationale Finanz- und Währungsinstitutionen. Das sowie die gewachsenen Möglichkeiten der transnationalen Gesellschaften für die wirtschaftliche, finanzielle und technische Infiltration der Entwicklungsländer haben deren völlige wirtschaftliche ‚Knechtung und finanzielle Lähmung bewirkt, aus der es keinen Ausweg gibt. Das ungünstige Verhältnis der Preise für die ausgetauschten Waren - einerseits das Einfrieren oder die faktische Senkung der Preise für Rohstoffe und Waren der Entwicklungsländer, andererseits die wachsenden Preise für die Fertigwaren und Dienstleistungen aus den Industrieländern, die hohen Zinssätze bei immer mehr schrumpfenden Quellen der äußeren Finanzierung und der hemmungslosen Inflation — sind nur einige Hauptelemente der Krise. Zusammen mit den erhöhten Erdölpreisen, dem rapiden Bevölkerungszuwachs in diesen Ländern, die fast keinen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt kennen, mit der Stagnation oder dem Rückgang in ihrer Agrarproduktion führte das dazu, daß ihre Verschuldung, Verarmung, Abhängigkeit und wirtschaftliche Ausweglosigkeit beispiellose Ausmaße angenommen haben.
Nach amtlichen Angaben beträgt die äußere Verschuldung der dritten Welt 1981 mehr als 500 Md. Dollar und steigt mit jedem Tag. Die Außenschulden Lateinamerikas z. B. erreichten im vorigen Jahr 150 Md. (gegenüber 10 Md. Dollar im Jahre 1965).
Um eine Vorstellung von den wachsenden Importkosten, die hauptsächlich durch die Inflation in den Industrieländern und die Erhöhung der Ölpreise bedingt werden, zu geben, braucht man nur zu sagen, daß die Preisveränderung 1978 die realen Importkosten (im Verhältnis zu den Preisen von 1970) bei Treibstoffen um 14.442 Mio. Dollar und bei Industrieerzeugnissen um 25.304 Mio. Dollar vergrößerte. Machten die Treibstoffe 1973 am gesamten Importwert 8,40/, aus, so waren es 1979 bereits 23,8%.
Das soziale Ergebnis davon sind die enormen Ausmaße von Armut, Rückständigkeit und Arbeitslosigkeit.
Insgesamt stiegen die Staatsschulden der Entwicklungsländer 1970-1980 um durchschnittlich 21% im Jahr. Allein an Tilgungsraten zahlten unsere Länder 1979 rd. 44,2 Mrd. Dollar. Das einzige, was sich mit diesen Schulden messen kann, sind die Militärausgaben der Welt, die die wahnsinnige Höhe von 500 Mrd. Dollar erreichen.
Auf der anderen Seite unterwandern die Imperialisten die Länder der dritten Welt auch durch Investitionen. Diese beliefen sich 1970-1978 auf 42,2 Mrd. Dollar, obwohl diese Summe auch nur für eine knapp bemessene Entwicklung der abhängigen Wirtschaft nicht reicht. Die US-Investitionen in den Entwicklungsländern stiegen in diesem Zeitraum auf 8.701 Mio. Dollar. In denselben Jahren investierte das kapitalistische Europa in den afrikanischen Ländern 8 Md. Dollar, und die Gesamtsumme der ausländischen Investitionen auf diesem Kontinent betrug mehr als 11 Mrd.
Im selben Zeitraum erreichten die Profite der transnationalen Konzerne in den Entwicklungsländern die schwindelerregende Höhe von 100.218 Mio. Dollar. Das bedeutet, daß jeder investierte US-Dollar ca. .2,4 Dollar ausheckte, die von den Investoren in ihr eigenes Land ausgeführt wurden. Die US-Profite aus den genannten Investitionen erreichten 39 685 Mio. Dollar, d. h. 4,5 Dollar auf jeden investierten Dollar.
Hier ein einfaches Beispiel, das beredt von der hier schon erwähnten Ungleichheit zeugt. Die Angaben stammen von einer jener Institutionen, die die neokolonialistischen Länder zwecks Sicherung ihrer finanziellen Hegemonie gegründet haben: von der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Laut diesen Angaben betrug 1978 das Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung in einer Stichgruppe von 18 kapitalistischen Staaten 8.070 Dollar, in 38 Ländern mit niedrigen Einkünften 200 Dollar und in der Gruppe von Ländern mit mittleren Einkünften 1.250 Dollar. Anders gesagt erzielten die entwickelten kapitalistischen Länder 1978 pro Kopf der Bevölkerung das 6,5fache des Bruttosozialproduktes der Länder mit mittleren Einkünften und das 40fache der ärmsten unter den Entwicklungsländern.
Heute, 10 Jahre nach Entstehung des Plans einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung, haben die riesige und ständig wachsende Spanne zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und deren extreme Armut ein Maximum erreicht. Nie früher wurden die schwach entwickelten Länder so sehr ausgebeutet, wirtschaftlich geknechtet, nie waren sie zu einem solchen Elend verdammt. Nie früher waren die Armen so arm und so rücksichtslos unterdrückt. Die Zahl der Menschen, die nicht einmal mit dem Existenzminimum rechnen können, nimmt zu. Somit beanspruchen die Industrieländer, in denen nur 25% der Erdbevölkerung leben, 83%, des Bruttosozialproduktes der Welt, verbrauchen 75% der Energie und 70%, des Getreides, besitzen 920%, der Industrie der Welt und 95% der technologischen Ressourcen; auf sie entfallen 89%, der Weltausgaben für das Bildungswesen.
Die Gegenwart ist tragisch, aber die Zukunft präsentiert sich katastrophal.
Die Bevölkerung der Erde zählt schon 4,4 Milliarden; 75% davon leben in den Entwicklungsländern.
Nach Prognosen verschiedener Spezialeinrichtungen wird die Bevölkerung der Welt gegen das Jahr 2000 etwa 6,4 Milliarden erreichen. Das bedeutet, daß der Bevölkerungszuwachs im letzten Vierteljahrhundert 55% betragen wird. In diesen 25 Jahren wird die Zahl der Menschen auf der Erde ebenso wachsen, wie sie in den ersten 1950 Jahren unserer Zeitrechnung gewachsen ist.
Über 90% dieses Zuwachses wird auf die Entwicklungsländer entfallen. Folglich werden 80% der Erdbevölkerung bzw. 5,12 Milliarden (vier von je fünf Erdbewohnern) im Jahr 2000 in den Entwicklungsländern leben.
Aus den jüngsten Forschungen ergibt sich, daß das Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung im Jahre 2000 im Weltdurchschnitt 2311 Dollar in den Preisen von 1975 betragen, d. h. um 55% gegenüber 1975 wachsen wird. In den Industrieländern wird dieser Wert 8.500 Dollar, in den Entwicklungsländern dagegen nicht über 590 Dollar betragen. Anders gesagt werden auf jeden zusätzlichen Dollar des Bruttosozialproduktes pro Kopf der Bevölkerung in den Entwicklungsländern 20 Dollar in den Industrieländern kommen. Im Jahre 2000 wird das durchschnittliche individuelle Einkommen in den Industrieländern auf mehr als das 14fache, in den reichsten kapitalistischen Staaten sogar auf fast das 20fache steigen.
Demnach wird sich die ohnehin tiefe Spanne zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bis 2000 verdoppeln. Wenn 1975 die Differenz im Bruttosozialprodukt pro, Kopf der Bevölkerung zwischen diesen beiden Ländergruppen 4.000 Dollar betrug, so wird sie im Jahre 2.000 etwa 8.000 Dollar ausmachen.
Wenn schon die heutige ungleiche Lage zum Himmel schreit, so kann man sich die Tiefe des Abgrunds denken, der in den nächsten 20 Jahren zwischen den reichsten und den ärmsten Ländern gähnen wird.
Die Ernährungslage in den Ländern der dritten Welt ist schon heute katastrophal. Die Durchschnittsration in einem Entwicklungsland enthält 33%), weniger Kalorien als in einem Industrieland. Nach FAO-Schätzungen leiden etwa 450 Millionen Menschen in der dritten Welt unter Erschöpfung, die als schwer bezeichnet wird; anders gesagt hungern sie. Weitere Hunderte Millionen sind unterernährt.
In den Industrieländern ist der Verbrauch an tierischen Eiweißstoffen 6mal, an Fetten 4,5mal, an Getreide 2,3mal und an Milch 6mal so groß wie in den Entwicklungsländern.
All diese Angaben und viele andere, die man noch anführen könnte, bedeuten nur eins: den Hunger. Der Hunger ist heute das erschreckendste menschliche Drama der dritten Welt. Alljährlich gehen Millionen daran zugrunde. Für weitere Millionen bedeutet der Hunger das Ende aller Hoffnungen auf eine volle Entfaltung ihrer Fähigkeiten.
Dank großen Investitionen und dem Bestehen der notwendigen technischen Mittel war die Ernte in den Industrieländern in diesen letzten Jahren doppelt so groß und die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft 9mal so hoch wie in den schwach entwickelten Ländern. Die Lebensmittelversorgung pro Kopf der Bevölkerung stieg in den Industrieländern im Vergleich mit den Ländern der dritten Welt auf das 3,2fache.
In den nächsten 20 Jahren werden die Kinder in ausgedehnten Regionen der dritten Welt infolge des Lebensmittelmangels nicht die normale körperliche und geistige Entwicklung erreichen und die Erwachsenen nicht die volle Arbeitsfähigkeit und gute Gesundheit aufrechterhalten können.
Schätzungsweise wird der Lebensmittelverbrauch in den Länder Zentralafrikas 20% unter dem von der FAO festgelegten Minimum liegen. Nach Angaben der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung wird die Zahl der Unterernährten in den Entwicklungsländern in dieser kurzen Zeitspanne die beispiellose Zahl von 1,3 Milliarden erreichen, d. h. die entsprechenden Werte von heute um 200% übersteigen.
Einer von vier Einwohnern der dritten Welt wird hungern. Ungefähr die gleiche Anzahl von Menschen, die heute die Entwicklungsländer bewohnt, wird nicht die Möglichkeit haben, sich normal zu ernähren.
Andererseits wird das Verhältnis Bodenparzelle pro Person, das Mitte der 70er Jahre 0,9 ha bestellbare Fläche betrug, laut Ermittlungen der FAO und anderer Einrichtungen in den nächsten zwei Jahrzehnten auf 0,5 ha sinken. Gegenwärtig ernährt theoretisch rund ‚ein Hektar eine Person in den Entwicklungsländern, in 20 Jahren aber wird der gleiche unvollständige Hektar zwei Personen ernähren müssen.
Natürlich kann die weitere Verschlechterung dieser unbefriedigenden Lage nur dadurch abgewendet werden, daß die Nahrungsmittelproduktion rascher steigen muß als die Zahl der zu ernährenden Personen. Wie jedoch die Analyse der bestehenden Tendenzen zeigt, ist das Wachstumstempo der Lebensmittelproduktion in den Entwicklungsländern zurückgegangen und liegt kaum noch über dem Tempo des Bevölkerungswachstums. Fügt man die bekannte Tatsache hinzu, daß die Einkünfte in den meisten Entwicklungsländern ungleichmäßig verteilt sind, so kann man sich leicht die Ausmaße des Problems von Hunger und Unterernährung vorstellen, mit denen Riesenmassen von Menschen in allernächster Zukunft konfrontiert sein werden.
Es gibt noch ein Problem von großer Bedeutung sowohl für die Wirtschaft als auch für das ökologische Gleichgewicht und die Erhaltung der Umwelt. Es hängt mit der Vernichtung von Wäldern zusammen. Alljährlich werden 18-20 Mio. ha Wald abgeholzt, hauptsächlich in den tropischen Gebieten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Die Gesamtfläche der Wälder, die 1978 über 2,5 Md. ha betrug, wird sich gegen das Jahr 2000 um 450 Mio. d. h. um fast 20%, verringern. Diese Verringerung wird fast zu 100%, die Entwicklungsländer betreffen, die somit rund 40% ihrer Wälder verlieren werden.
Infolgedessen werden gewaltige Menschenmassen, für die Holz und Kohle die Hauptquelle der Energie für Speisezubereitung und Heizung sind, dafür hohe Preise zahlen müssen, die ständig wachsen und schließlich völlig unerschwinglich sein werden.
Bildung und Kultur gehören, ebenso wie der Gesundheitsschutz, zu den Grundrechten des Menschen. Aber die breiten Massen in den Entwicklungsländern haben diese Rechte nicht: Dort mangelt es an Schulen und Lehrern, es herrschen Ressourcenhunger und äußerste Armut. In den letzten 15 Jahren stieg die Zahl der Analphabeten in der Welt ununterbrochen. Laut UNESCO-Angaben hatte die Welt 1965 rd. 700 Millionen Analphabeten; 1975 stieg diese Zahl auf 800 Millionen und 1980 auf 820 Millionen. Folglich konnten ungefähr 3 Erwachsene von je 10 weder schreiben noch lesen. Es wird angenommen, daß diese Zahl 1990 auf 884 Millionen steigen und daß die Menschheit ins 21. Jahrhundert mit rund einer Milliarde Analphabeten unter der erwachsenen Bevölkerung treten wird. Somit wird die Zahl der Analphabeten in der dritten Welt in der Zeit des höchsten Aufschwungs von Wissenschaft und Technik, den der Mensch je erreicht hat, mehr als dreimal so hoch sein wie die heutige Bevölkerung Lateinamerikas und der karibischen Länder.
Dies& düsteren Zahlen schließen nicht die enorme Anzahl von Kindern in den Entwicklungsländern ein, die keine Möglichkeit haben, Bildung zu erhalten, oder nur die Grundschule besucht haben.
In der Hälfte der Länder unseres Planeten beenden 50%, der Kinder nicht einmal die Grundschule. Im Jahre 1980 gab es in der Welt rd. 250 Millionen Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren, die überhaupt nicht lernten. Das reichste Fünftel der Welt, d. h. 20 Länder, deren Bevölkerung 21%), der Erdbevölkerung ausmacht, verausgabt 50mal soviel Mittel für die Bildung pro Kopf der Bevölkerung als das ärmste Fünftel, 26 Länder mit einer Bevölkerung, die 23% der Erdbevölkerung ausmacht. Dieses Verhältnis ist noch höher als jenes, welches die wirtschaftliche Ungleichheit verdeutlicht (40:1).
Die Industrieländer des Westens fördern keineswegs die Bildung in den Entwicklungsländern, mehr noch, sie exportieren dorthin die Sexualausbeutung der Kinder.
Auf einem vor kurzem in Frankreich durchgeführten Kongreß wurde mitgeteilt, daß die noch vor einigen Jahren fast unbekannte Sexualausbeutung der Kinder in vielen Ländern der dritten Welt zu einer wahren Geißel geworden ist und daß einer der Hauptgründe dafür der Touristenstrom in einige dieser Länder ist. Die Rede war von einer "Industrie des Touristensexes".
Laut einer IAO-Studie gibt es nur in Bangkok etwa 200.000 Prostituierte, davon die Hälfte unter 20 Jahren. Sie wurden mit 12 Jahren in Bordelle verkauft.
Die Lage im Gesundheitsschutz widerspiegelt ebenfalls die enormen Unterschiede zwischen Entwicklungs- und Industrieländern. Laut WHO-Angaben wohnen mehr als eine Milliarde Menschen (25°, der Erdbevölkerung) in Elend, zusammengepfercht und unter lebensbedrohenden Verhältnissen; 70°, der Kinder in den Entwicklungsländern leiden unter Infektions- und Parasitärkrankheiten.
Die Kindersterblichkeit in den Industrieländern beträgt 15-20 je 1000 Neugeborene. In den ärmeren Ländern schwankt dieser Kennwert: In Afrika beträgt er 150-200, in Asien 100-150, in Lateinamerika schwankt er zwischen 30 und 170, mit Ausnahme Kubas, wo er nicht einmal 20 beträgt. Analysiert man die hohen Geburtsraten in den Ländern der dritten Welt, so sieht man, daß von den über 122 Millionen Kindern, die dort jährlich zur Welt kommen, 10%, im Alter bis zu einem Jahr und weitere 4% im Alter bis zu 5 Jahren sterben. Das bedeutet, daß in der Welt jährlich 18 Millionen Kinder bis zu 5 Jahren sterben. Auf die Entwicklungsländer entfallen 95%), davon. Diese Zahl verdoppelt sich beinahe, wenn es sich um Kinder handelt, die infolge von Erkrankungen teilweise oder völlig invalide werden. Das Sterberisiko für Kinder beträgt 1:40 in den Industrieländern, 1:4 in Afrika und 1:2 in einigen anderen Ländern.
Die Lebenserwartung beträgt in den Industrieländern 72-74 Jahre, in den Entwicklungsländern dagegen durchschnittlich 50 und in einigen Regionen der Welt unter 40 Jahren.
Die Zahl der Ärzte ist sehr unterschiedlich je nach der Ländergruppe. In den Industrieländern kommt ein Arzt im Durchschnitt auf 500-600 Personen. Eine große Ländergruppe mit niedrigeren Einkünften hat 1 Arzt für mehr als 60.000 Einwohner. Folglich hat die erste Ländergruppe durchschnittlich 20 Ärzte je 10.000 Einwohner, während in den Entwicklungsländern ungefähr ein Arzt je 10.000 Personen kommt. Zusammenfassend kann man folgendes über die Entwicklungsländersagen:
570 Millionen Personen sind unterernährt, verbrauchen Kalorien und Eiweißstoffe unter der Norm, d. h., daß sie hungern.
800 Millionen Erwachsene sind Analphabeten.
1,5 Milliarden haben keine medizinische Hilfe.
1,3 Milliarden haben ein Jahreseinkommen unter 90 Dollar.
1,03 Milliarden müssen die Wohnungsmisere ertragen.
1,7 Milliarden haben eine Lebenserwartung unter 60 Jahren.
250 Millionen Kinder können nicht die Schule besuchen.
1.103 Millionen sind arbeitslos.
Im Oktober 1979 schlug Kuba im Namen.der Bewegung der Nichtpaktgebundenen, deren 6. Gipfeltreffen damals eben in Havanna abgehalten worden war, in der UNO Maßnahmen vor, um die verzweifelte wirtschaftliche und soziale Lage der Länder der dritten Welt zu erleichtern, in erster Linie einen zusätzlichen Fonds von mindestens 300 Mrd. Dollar in Realausdruck von 1977 zu schaffen und in den ersten Jahren in Beträgen von mindestens 25 Mrd. im Jahr zwecks Investitionen in den Entwicklungsländern zu verteilen. Die Summe hätte sich aus Spenden und günstigen, minimal verzinsten und langfristigen Krediten zusammensetzen sollen.
Wir legten damals in 10 Punkten zusätzliche Maßnahmen zum Abbremsen der Krise dar. Heute erscheinen sie aktueller als je zuvor, weshalb ich sie hier wiederholen möchte:
Der ungleiche Handel ruiniert unsere Völker, Schluß damit!
Die importierte Inflation ruiniert unsere Völker. Schluß damit!
Der Protektionismus ruiniert unsere Völker. Schluß damit!
Die ungleiche Nutzung der Weltmeerressourcen ist ein Mißbrauch. Weg damit!
Die Finanzmittel, die die Entwicklungsländer erhalten, sind ungenügend. Sie sind zu erhöhen!
Die Rüstungsausgaben sind nicht rational. Sie sind zu beseitigen, die freigesetzten Mittel aber zur Finanzierung der Entwicklung zu verwenden!
Das heute vorherrschende internationale Währungssystem ist bankrott und durch ein anderes zu ersetzen!
Die Schulden der relativ wenig entwickelten Länder, die übervorteilt werden, sind unduldbar und nicht zurückzuzahlen, Diese Schulden sind zu erlassen!
Die Schulden lasten wirtschaftlich schwer auf den übrigen Entwicklungsländern. Diese Last ist zu erleichtern!
Die wirtschaftliche Spanne zwischen Industrie- und Entwicklungsländern vergrößert sich, statt sich zu verringern. Sie ist zu beseitigen!
Das sind die Forderungen der Entwicklungsländer.
Ist denn heute die Zeit, das Wettrüsten zu betreiben? Ist denn heute die Zeit, Neutronenbomben zu bauen? Die Zeit, eine militaristische Politik durchzuführen? Die Zeit, 572 Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren, MX-Raketensysteme, die Dutzende Milliarden Dollar kosten, neue strategische Bomber, Nuklearflugzeugträger, Trident-U-Boote zu bauen oder Kreuzer aus dem ‚zweiten Weltkrieg zu reaktivieren, 1,5 Billionen Dollar für die Militärausgaben der nächsten fünf Jahre bereitzustellen und den größten Vorstoß in der Geschichte des Wettrüstens zu verwirklichen, wie die USA ihn planen? Die Völker, besonders die Hungernden der dritten Welt, die Arbeiter und alle Werktätigen der Erde, die körperlich und geistig Schaffenden wissen: Das ist ein immenser Wahnsinn, der auf ihren schwachen Schultern lasten-und die Weltwirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit und die unerträgliche, verzweifelte Lage von Milliarden Menschen noch verschlimmern wird. Das kann nur zu einem Holocaust führen.
Die neue US-Administration gibt bekannt, daß sie ihre Beiträge zu den internationalen Kreditanstalten vermindern und auf die Aufhebung einiger Kredite hinwirken wird. Wie die "Wall Street Journal" schreibt, will die Reagan-Administration ihre Wirtschaftsphilosophie dem Internationalen Währungsfonds, der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Interamerikanischen Entwicklungsbank aufzwingen. Diese Philosophie bedeutet Druck auf die Entwicklungsländer, damit sie nur eine Politik durchführen, die die Marktwirtschaft fördert, d. h. dem Privatkapital und den transnationalen Unternehmen die Handlungsfreiheit sichert. Washington will ferner erreichen, daß die internationalen Institutionen von den Gläubigerländern verlangen, daß ihre Regierungen die Preisstützung, die Importbeschränkungen aufheben und die Sozialausgaben kürzen.
Was kann man bei einer solchen Vorstellung von wirtschaftlicher Zusammenarbeit und einem solchen Beitrag der USA zur neuen internationalen Wirtschaftsordnung erwarten?
Militaristische Politik und weltweite Zusammenarbeit können nicht gleichzeitig bestehen.
Das muß Herrn Reagan auf der nächsten Konferenz in Cancun klipp und klar gesagt werden; man hat übrigens Kuba arrogant die Anwesenheit verboten und angedroht, daß sonst besagter allmächtiger und unschätzbarer Herr wegbleibe.
In der UNO erklärten wir: "Das Waffengerassel, die Drohungen und die Ansprüche auf die führende Stellung in der Welt müssen ein Ende haben."
Heute müssen wir aber etwas ganz anderes konstatieren. Die neue US-Administration verwarf alle Theorien über die Notwendigkeit eines militärischen Gleichgewichts als Grundlage für die friedliche Koexistenz der Staaten unterschiedlichen sozialökonomischen Systems, in die die Menschheit heute geteilt ist.
Als Bedingung für die Verhandlungen will die US-Regierung zuerst die militärische Überlegenheit erlangen. Sie erhebt Anspruch darauf unter Berufung auf ihre Wirtschaftsmacht und ihren vielzitierten technischen Vorsprung. Das SALT-II-Abkommen, in dem US-Experten früher einen befriedigenden Bestandteil des Prozesses sahen, der dank neuen Verhandlungen über die Begrenzung zur allmählichen Bannung der nuklearen Gefahr führen würde, ist jetzt von den USA verworfen worden. Sie behaupten, dieser Vertrag entspreche nicht ihren militärischen Erfordernissen, die sie nur als militärische Überlegenheit verstehen.
So wurde der Weg zu Verhandlungen verlegt. Seit der Zeit vor dem Münchener Abkommen hörte man auf den internationalen Foren keine so scharfen, drohenden Worte wie diejenigen, die heute von den US-Führern gebraucht werden. Nicht nur Präsident Reagan, sondern auch sein Verteidigungsminister Weinberger und sein Außenminister Haig spielen Krieg, spielen mit einem Krieg.
Man kann sich einen zynischeren Hohn kaum vorstellen.
Andererseits: Wer könnte vergessen, daß die Einwände der USA gegen die Präsenz von 42 Mittelstreckenraketen auf Kuba 1962 eine Krise auslösten, die die Welt an den Rand eines Nuklearkrieges brachte? Warum sollten wir nicht daran denken, daß sich die UdSSR durch die Präsenz von 572 US-Raketen solchen Typs in der Nähe ihrer Grenzen schwer bedroht und provoziert fühlen könnte?
Das Streben nach Überlegenheit, das keine moralischen Grenzen kennt und die US-Außenpolitik in der ganzen Welt auszeichnet, prägt die US-Position zu den akutesten Gegenwartsfragen.
Die UNO erkannte an, daß es dringend notwendig ist, den arabischen Ländern alle von Israel okkupierten Gebiete zurückzugeben und Garantien zu schaffen, damit im Nahen Osten ein Staat entsteht, in dem die heute in der ganzen Welt zerstreuten Palästinenser ihre Heimat erlangen könnten. Die zionistische Regierung spricht diesen Resolutionen hohn, sie fordert die Weltgemeinschaft durch ihre immer aggressiveren Handlungen heraus, und Washington duldet und ermuntert sie, wobei es gleichzeitig so tut, als gehe es ihm um den Frieden, und sogar damit droht, die Waffenlieferungen für Tel Aviv einzustellen. Doch war diese Heuchelei von kurzer Dauer, und schon entsendet die Reagan-Regierung F-15- und F-16-Maschinen, schon empfängt sie Begin im Weißen Haus, um mit ihm die Bestimmungen eines zwischen Israel und den USA eben erst geschlossenen strategischen Abkommens zu erörtern.
Es schien, als hätten die USA der schüchternen Kompromißformel Frankreichs, Großbritanniens, Kanadas und der BRD über eine friedliche Lösung der Frage der Unabhängigkeit Namibias zugestimmt. Doch bleibt es Tatsache, daß nach dem Südafrika-Besuch des stellvertretenden US-Außenministers Crocker und nach dem Treffen Reagan-Botha die RSA die Sicherheit gewann, daß die Vereinigten Staaten auf sie als einen strategischen Faktor der aggressiven Allianz rechnen, die sie der Welt aufzuzwingen beabsichtigen.
Seit Jahren ringen die Staaten des Indischen Ozeans darum, daß diese Region zu einer Friedenszone erklärt wird und daß die dort dislozierten Kriegsflotten sie verlassen. Die UdSSR hat sich dazu bereit erklärt. Die Reagan-Administration dagegen konzentriert dort konsequent eine gewaltige Seekriegsmacht und will in ihre Zusammenarbeit mit Südafrika die lateinamerikanischen Länder einbeziehen und in eine Südatlantikunion integrieren, die die NATO ergänzen soll, Die ablehnende Haltung Brasiliens zeugt aber davon, daß für die US-Imperialisten andere Zeiten gekommen sind.
Im Rahmen ihrer globalen aggressiven Politik hat die neue US-Administration Sadat zum Gendarmen im Nahen Osten befördert; sie fördert die antiarabische und antipalästinensische Politik durch ständig stärkere und engere Bindungen mit Israel; sie spaltet und schwächt die arabische Welt, wozu sie ihre reaktionärsten Verbündeten in dieser Region gegen die fortschrittlichen Länder benutzt; sie unterstützt und inspiriert die Konterrevolution in Afghanistan und verhindert jeden Versuch von Verhandlungen oder einer Regelung zwischen den Regierungen Pakistans und Afghanistans; sie veranstaltet Provokationen gegen das demokratische Korea, festigt und erweitert ihre wirtschaftlichen, politischen und militärischen Beziehungen zu China, um dieses in ihren eindeutigen und sehr , gefährlichen strategischen Plänen gegen die UdSSR zu benutzen. Außerdem verstärken die USA ihre Wühlereien gegen die sozialistische Ländergemeinschaft.
Besonders gefährlich und alarmierend an der US-Politik sind die Überheblichkeit und das Desinteresse für Verhandlungen über Abrüstung, die Einschränkung des Wettrüstens, die Entspannung und die Festigung des Friedens, ist ihr aggressiver, grober, herrschsüchtiger Ton wie er nicht einmal in den schlimmsten Zeiten des kalten Krieges zu hören war, sind ihre sinnlosen Versuche, die UdSSR unter Druck zu nehmen, einzuschüchtern oder zu erpressen.
Die US-Regierung hat in ihrer manischen, hemmungslosen Hochrüstung einen weiteren ernsten Schritt getan. Vor vier Tagen gab sie bekannt, einen Beschluß über die eventuelle Verarbeitung von Abfällen aus den Kernkraftwerken in Plutonium für ihre Programme der nuklearen Aufrüstung zu erörtern.
Offen spielt sich der US-Imperialismus als Weltgendarm auf, wendet sich gegen jegliche soziale Umgestaltungen in welchem Land auch immer und erklärt sich zur Einmischung bereit. Für die heutige US-Administration ist jede Revolution, wo immer sie auch vollzogen wird, stets "sowjetischer Expansionismus". Aber die heutige äußerst akute Weltwirtschaftskrise wird unweigerlich Revolutionen und tiefe soziale Veränderungen in dem einen oder anderen Land bewirken. Revolutionen gibt es, seit die Geschichte der Menschheit existiert und sie sind ebenso unabwendbar wie eine Geburt.
Die militaristische Politik und Philosophie der neuen US-Administration trägt Schuld an nunmehr schon fünf militärischen Aktionen, von denen jede blutig, gefährlich und verabscheuungswürdig war.
Erstens war es die Einmischung und das Genozid in El Salvador, wo die USA eine Terrorregierung, die an der Ermordung von 20 000 Söhnen dieses edlen, heldenhaften Volkes schuld ist, bewaffnen und durch Militärberater stärken,
Zweitens war es der Bombenangriff der israelischen Zionisten auf die Kernforschungszentrale in Irak, ein zu Friedenszeiten präzedenzloser Fall, der eine Katastrophe hätte auslösen können und eine unerhörte, noch dazu ungestrafte Gegebenheit im internationalen Leben ist.
Drittens waren es die barbarischen Bombenangriffe der Zionisten auf Libanon, die Hunderte Libanesen und Palästinenser das Leben kosteten, weiteren Tausenden Körperverletzungen, Wunden und unsägliche Leiden brachten.
Viertens war es die Provokation im Golf von Sirte gegen Libyen und der Abschuß zweier libyscher Flugzeuge, die die Küste des Heimatlandes bewachten.
Fünftens waren es die verbrecherische Invasion Angolas durch die RSA und deren Bombenangriffe auf Angola, die bereits Hunderte Menschenleben dahingerafft und zahlreiche Zerstörungen verursacht haben.
Diese Handlungen wurden von den USA bzw. mit der Vorschubleistung der USA oder unter der Ägide der USA vollbracht, die in der UNO jede entsprechende Aktion gegen den Aggressor, jede energische Verurteilung seines Vorgehens ablehnten. Somit klebt an den Händen der Reagan-Administration, die eine aggressive Politik betreibt, das Blut nicht nur von tausenden Toten in El Salvador, sondern auch von hunderten massakrierten Angolanern, von hunderten Libanesen und Palästinensern, das Blut von Völkern dreier Kontinente.
In den letzten Tagen wurde die besonders empörende Aggression gegen Angola gestartet, und zwar von den RSA-Rassisten und -Faschisten mit vollem Segen der US-Regierung, die die Invasoren ermunterte, rechtfertigte und ihr Veto gegen die Verurteilung des Aggressors und seine Maßregelung einlegte.
Worauf beruht diese enge Allianz des Imperialismus mit dem verhaßten Apartheid-Regime? Auf der Gemeinsamkeit der politischen Ideen und wirtschaftlichen Interessen.
Die RSA, deren Bevölkerung weniger als 7% der Gesamtzahl der Afrikaner ausmacht, liefert ein Drittel des Bruttoproduktes des Kontinents. Auf ihrem Territorium einschließlich Namibias befinden sich Lagerstätten von 55 Bodenschätzen. Auf die RSA entfallen 60% der Goldgewinnung der Welt, 30% der Chrom-, 25°), der Manganerz-, 160, der Uran- und 14% der Diamantengewinnung, insgesamt 450), der extraktiven Industrie Afrikas. Mit der RSA unterhält Europa die engsten Wirtschaftsbeziehungen. Großkapitalisten der rassistischen RSA teilen sich in ihre Profite mit den dort etablierten 630 britischen, 494 nordamerikanischen, 132 westdeutschen und 85 französischen Gesellschaften. Fast 50% der südafrikanischen Investitionen entfallen auf das Auslandskapital, das im Privatsektor 87% der Produktionskapazitäten kontrolliert. Diese Multis haben der RSA den Zugang zur nuklearen Technologie ermöglicht.
Wie Chester Crocker vor kurzem erklärte, betragen die US-Investitionen in Südafrika 3 Mrd. Dollar, der jährliche Handelsumsatz beläuft sich auf 6 Mrd. Dollar und die ihm gewährten Bankkredite auf 3 Mrd. Dollar.
Auf wessen Ausbeutung sind diese Reichtümer, die die transnationalen Konzerne des Westens unter sich aufteilen, begründet?
In der RSA beträgt die weiße Bevölkerung 4,5 Millionen und die schwarze Bevölkerung 19 Millionen.
Die Bodenverteilung: 87% für die Weißen und 13% für die Schwarzen.
Verteilung des Nationaleinkommens: 75% für die Weißen und weniger als 20% für die Schwarzen.
Das Verhältnis zwischen den durchschnittlichen Einkünften: 14 bei den Weißen und 1 bei den Schwarzen.
Die Zahl der Ärzte: ein Arzt für 400 Weiße und ein Arzt für 44.000 Schwarze.
Kindersterblichkeit: 27 je 1000 bei den Weißen und 200-400 bei den Schwarzen.
Die jährlichen Ausgaben für die Bildung eines Kindes: 696 Dollar bei den Weißen und 5 Dollar bei den Schwarzen.
Spricht man von der Weltpolitik, so muß man die Ereignisse in Nordirland erwähnen; ich betrachte es als meine Pflicht. Meiner Meinung nach schreiben die irischen Patrioten in diesen Tagen eine der heldenhaftesten Seiten in der Geschichte der Menschheit. Sie haben die Achtung und Bewunderung der ganzen Welt erobert, sie verdienen auch deren Unterstützung. Bereits 10 Menschen haben mit einem bewundernswerten Mut ihr Leben geopfert. Die Menschheit müßte sich schämen, daß vor ihren Augen ein solches Verbrechen begangen wird. Durch ihren Hungerstreik verlangen diese jungen Kämpfer nicht die Unabhängigkeit, sie erheben keine unerfüllbaren Forderungen. Sie wollen nur, daß sie als politische Häftlinge, d. h. als das, was sie in Wirklichkeit sind, behandelt werden. Die Menschen, mit denen uns zu solidarisieren wir auf dieser Konferenz auffordern, sind keine Marxisten-Leninisten, keine Kommunisten, sie sind militante Katholiken. Wie kann denn im Herzen des Westens eine derart kalte, dramatische Opferung geduldet werden?
Wir können uns an die Verbrechen weder in Irland noch in El Salvador, Angola, Namibia, Südafrika, Libanon oder einem anderen Lande gewöhnen.
Die Sturheit, Unnachgiebigkeit, Härte und Stumpfheit der britischen Regierung gegenüber der Weltgemeinschaft in der Frage der irischen Patrioten, die vor dem Tod nicht zurückschrecken, erinnern an Torquemada und die Barbarei der mittelalterlichen Inquisition.
Der Sage nach wurde Rom einmal in seiner Frühzeit belagert. Zwei junge römische Streiter gerieten in Gefangenschaft. Als fremde Soldaten ihnen drohten, sie lebendig zu verbrennen, legten beide Jungen ihre Hand ins Feuer. Das beeindruckte die Feinde dermaßen, daß sie die Belagerung aufhoben.
Zittert, ihr Tyrannen, vor Menschen, die ihr Leben für ihre Ideen in einem 60tägigen Hungerstreik hingeben können! Was waren neben diesem Beispiel die drei Tage Christi auf Golgatha, dieses jahrhundertealte Symbol der Selbstaufopferung?
Dieser abstoßenden Grausamkeit ist ein Ende zu setzen. Die Weltgemeinschaft muß das entschieden verlangen!
Die geachtetsten lateinamerikanischen Führer, die europäischen sozialdemokratischen Parteien, die realistischsten Analytiker der USA sind sich darüber einig, daß der Grund für den revolutionären politischen Ausbruch in Mittelamerika, der zum demokratischen Sieg in Nikaragua geführt und El Salvador heute zu einem Beispiel des Heldentums der Aufständischen gemacht hat, nicht in einem auswärtigen Einfluß zu suchen ist, vielmehr in den bestialischen Taten der sozialpolitischen Regimes in den meisten Ländern dieser Region. Aber Washington macht Kuba für die unruhige Situation in Mittelamerika verantwortlich. Vor 50 Jahren, als sich die kubanische Revolution noch nicht einmal als entfernte Perspektive abzeichnete, versuchte das Volk El Salvadors, sein morsches Regime durchzurütteln. Dieser Versuch endete mit einem Blutbad unter 30.000 salvadorianischen Patrioten, das der Diktator Maximiliano Martinez veranstaltete. Als Sandino gegen die US-Mariner kämpfte, um sein Heimatland zu schützen, und als später die Somoza-Tyrannei Tausende Nikaraguaner hinmordete, ohne dieses heroische Volk brechen zu können, war unsere Revolution ebenfalls noch nicht vollzogen.
Nicht Kuba destabilisiert die Lage in Mittelamerika durch sein angebliches subversives Vorgehen, sondern. der US-Imperialismus. Früher setzte er unmenschliche Regierungen und rücksichtsiose Ausbeuterregimes in dieser Region ein; heute lehnt er jede Möglichkeit einer politischen Regelung in El Salvador ab, liefert den Unterdrückungskräften dort immer neue Waffen, versucht heuchlerisch, das barbarische Genozid seiner Komplizen zu maskieren, droht mit einer direkten militärischen Intervention oder einer Einmischung ebensolcher reaktionären und verbrecherischen Regimes, seiner Handlanger in dieser Region, und trägt die Verantwortung dafür, daß es in Mittelamerika keinen Frieden gibt.
Der Imperialismus versucht, jeden seiner jüngsten Schritte in El Salvador durch Beschuldigungen und Lügen an die Adresse Kubas zu rechtfertigen; sie werden von seinen skrupellosen Vertretern immer wieder mit einem Zynismus vorgebracht, um den sie selbst Goebbels hätte beneiden können. Wie wir bereits erklärten, und ich wiederhole es hier mit voller Verantwortung, ist es Lüge, daß sich in El Salvador kubanische Militärberater befinden. Es ist Lüge, daß ein Teil der uns von der UdSSR für unsere Verteidigung überlassenen Waffen nach Mittelamerika befördert wird. Es ist Lüge, daß Kuba den salvadorianischen Patrioten Waffen und Munition liefert. Dazu bestehen keine Wege, und seit vielen Monaten setzen sie im Kampf nur ihre eigenen und beim Feind erbeutete Mittel und Waffen ein. Lüge, Lüge und nochmals Lüge! Wir verlangten von der US-Regierung, wenigstens ein Minimum an Beweisen für ihre Behauptungen vorzulegen, und sie konnte kein Wort zur Antwort sagen.
Die Widerlegung dieser Lüge bedeutet nicht, daß wir einen Kompromiß eingingen, die Handlungsweise, die man uns anlastet, verurteilten oder auf die heilige Pflicht verzichteten, dem Brudervolk, das der Massenvernichtung ausgesetzt ist, jede mögliche Hilfe zu erweisen. Die Hilfe mit Waffen für ein Volk, dessen Söhne, ja alte Leute, Frauen und Kinder bestialisch ausgerottet werden, wäre weder amoralisch noch verurteilenswert, wenn wir die Möglichkeit hätten, sie zu erweisen. Doch diese Möglichkeit haben wir nicht. Was soll also diese Lüge der US-Regierung, die eine Genozid-Politik durchführt? Sie soll die öffentliche Meinung, den Kongreß und den Senat der USA irreführen, wo nicht wenig Menschen an der Richtigkeit der US-Politik in El Salvador zweifeln, sie soll zynisch die Weltöffentlichkeit irreführen, damit den Mördern große Partien moderner Waffen geliefert und Militärberater entsandt werden können.
Die Regierungen Mexikos und Frankreichs ergriffen - eine kühne und humane Initiative, um für das blutige Drama eine politische Lösung am. Verhandlungstisch zu finden und die Vertreter der Patrioten, die für das Überleben ihres Volkes und ihres Heimatlandes kämpfen, anzuerkennen. Das ist keine Einmischung, das ist ein Sieg der Gerechtigkeit im Einklang mit den Grundprinzipien des Völkerrechts. Das ist das Interesse der Staaten und Völker an einer friedlichen Regelung für die Spannungsherde, die die internationale Atmosphäre erhitzen. Einmischung dagegen ist, Militärberater zu entsenden und die blutige Bande bis an die Zähne zu bewaffnen, die in nur 18 Monaten über 20.000 Menschen ermordete, um einen Aufstand niederzuwerfen, der nur auf die langjährige rücksichtslose Ausbeutung, Willkür und Verbrechertätigkeit zurückzuführen ist.
Mit Waffen kann man in El Salvador die Hungrigen und Ausgebeuteten beseitigen, nicht aber die dort grassierende Hungersnot, Unwissenheit, Ungerechtigkeit und die Krankheiten, wie man nicht das gerechte, seit Jahrtausenden geltende Recht der Völker, sich gegen die Tyrannei zu erheben, beseitigen kann.
Die hochsinnige Initiative Mexikos und Frankreichs hat die imperialistischen Interventionisten gereizt. In dem grotesken Rummel, der auf Weisung aus den USA aufgezogen wurde, um diese hochangesehenen Staaten einer Einmischung zu beschuldigen, haben sich einige wenige Regierungen der westlichen Hemisphäre, die die Stirn haben, sich demokratisch zu nennen, schamlos mit blutigen, repressiven und faschistischen Diktaturen zusammengeschlossen, deren Visitenkarte eine unendliche Liste von Staatsstreichen, Folterungen, Morden und Verschollenen ist. Ein solches Verhalten überführt vollends einige Pharisäer, die unter Vorschützung der Demokratie und sogar des Christentums eines der ungeheuerlichsten Verbrechen unterstützen, die in diesem Jahrhundert auf unserem Kontinent begangen werden. Die Suche nach einer politischen Beilegung des blutigen Dramas El Salvadors durch Verhandlungen unter Vermittlung Mexikos und Frankreichs stellt im Grunde den gleichen Weg dar, den so angesehene Regierungen wie die von Kanada, Nikaragua, Panama, den die skandinavischen Länder, auch zahlreiche nichtpaktgebundene Länder, die Sozialistische Internationale und alle Fortschrittskräfte der Welt vorschlagen. Niemand soll sich Illusionen hingeben, die Revolution in El Salvador sei schwach. Die patriotische Bewegung dort wird von Tag zu Tag stärker und unüberwindlicher, sie ist: nicht mit Waffengewalt zu unterdrücken. Unsere Konferenz muß sich darüber klarwerden und ihre Position in der salvadorianischen Frage festlegen. Die Souveränität El Salvadors und das Recht seines heldenhaften Volkes auf Leben und Gerechtigkeit müssen respektiert werden!
Eine ebensolche Gefahr einer Aggression seitens der USA droht den heldenhaften Brudervölkern von Nikaragua und Grenada, die maximale Unterstützung und internationale Solidarität brauchen.
Unsere Sympathie und Unterstützung benötigen auch das Brudervolk Panamas in seinem Kampf für die Einhaltung der Abkommen über den Panamakanal; das Volk Puerto Ricos, das der schlimmsten Kolonialunterdrückung durch die Yankees ausgesetzt ist, und das Volk Guatemalas im Kampf gegen die grausame Diktatur, die ihm nach der US-Intervention gegen die Regierung Arbenz 1954 aufgezwungen wurde und die seitdem 70.000 Patrioten das Leben kostete.
Zum Schluß möchte ich auf Fragen eingehen, die unser Heimatland betreffen.
Die US-Imperialisten haben die verbrecherische Wirtschaftsblockade gegen unser Land verstärkt, sie intensivieren die Spionage und Wühltätigkeit und reden unverfroren davon, amtliche Rundfunksendungen der US-Regierung auszustrahlen, die die Lage auf Kuba destabilisieren und die Konterrevolution fördern sollen. Der CIA wurde volle Handlungsfreiheit gegeben. Die US-Regierung hat bis heute die wiederholten Anfragen nicht beantwortet, ob dieses sinistre Amt auch künftig ungestraft vorgehen, Attentate auf Revolutionsführer organisieren und für Menschen, Tiere und Pflanzen schädliche bakteriologische Mittel anwenden wird. Man droht uns eine Seeblockade und direkte Überfälle an.
Vor kurzer bekundeten wir unsere Überzeugung, daß der Imperialismus gegen unser Land die biologische Waffe benutzt. Das ist keine unbegründete Beschuldigung. In weniger als drei Jahren waren unser Vieh, unsere Plantagen und, das Schlimmste, unser Volk von fünf ernsten Seuchen befallen. Es gab eine Schweinepest, der Tabak war von Blauschimmel, das Zuckerrohr von Rost befallen; unter der Bevölkerung griffen das hämorrhagische Denguefieber und die hämorrhagische Konjunktivitis um sich. All das fügte uns auch materiellen Schaden zu. Das Auftreten all dieser Erscheinungen läßt sich auf keine logische oder natürliche Weise erklären.
Bekanntlich haben die USA ein ganzes raffiniertes Arsenal solcher Waffen und ihrer Anwendungsmethoden entwickelt. Der imperialistischen Doktrin zufolge lassen sie sich auch in Friedenszeiten anwenden.
Das Denguefieber hat bei uns 156 Menschen, darunter 99 Kinder, dahingerafft. Diese Epidemie trat in unserem Land überraschend auf, während sie sonst nirgends festgestellt wurde. Es handelte sich um den Virus Nr. 2.
Eine ernste, fundamentale Forschung, die kubanische Fachleute und Wissenschaftler gemeinsam mit qualifizierten ausländischen Experten anstellten, ließ den Schluß ziehen, daß dieser Virus absichtlich auf Kuba eingeführt wurde.
Nach Analyse der gesamten Information wurde klar, daß während der Seuche auf Kuba in keinem der Länder Afrikas oder Südostasiens, zu denen wir Kontakte unterhalten, auch nur ein einziger Infektionsfall durch den Virus Nr. 2 des Denguefiebers vorkam. Es wurde nachgewiesen, daß kein einziger Kubaner oder Ausländer, der aus dieser oder einer anderen Region eingetroffen war, durch den Virus infiziert war.
In Mittelamerika und im karibischen Becken bestanden zu jener Zeit folgende epidemiologische Verhältnisse:
In Guatemala, El Salvador, Honduras, Kolumbien sowie auf den Inseln des karibischen Beckens (Haiti, Puerto Rico, Guadeloupe, Jamaika, Trinidad und Tobago, Anguilla) zirkulierte der Virus Nr. 1.
Auf den zu den Kleinen Antillen gehörenden Inseln Dominique, Curacao, Saint-Barthelemy sowie in El Salvador, Honduras und Puerto Rico zirkulierte der Virus Nr, 4 des Denguefiebers.
Somit war klar, daß in den lateinamerikanischen Ländern und auf den Inseln des karibischen Beckens nach 1978 keine Fälle des durch den Virus Nr. 2 verursachten Denguefiebers registriert worden waren. Die Fälle des Denguefiebers auf den an Kuba anstoßenden Inseln fielen zeitlich mit dem Beginn der Epidemie in unserem Land zusammen, wurden jedoch von den Viren Nr. 1 und Nr. 4 hervorgerufen. Aber gerade der Virus Nr, 2 beschäftigte am meisten die USA-Zentralen für die Entwicklung biologischer Waffen.
Eine solche Aggression scheint absurd, wenn man nicht die verbrecherische Tätigkeit kennt, die die USA gegen Kuba auch früher unternahmen. Viele dieser Aktionen sind heute bekannt und unbestreitbar, weil sie vom US-Senat selbst untersucht und entlarvt worden waren.
Ich muß einige davon erwähnen, die unsere Erklärung vom 26. Juli enthält.
Während der 91. Tagung des US-Kongresses fanden am 18. und 20. November, am 2., 9., 18. und 19. Dezember 1969 Sitzungen statt, auf denen Pläne einer eventuellen Anwendung biologischer Waffen gegen Kuba erwogen wurden. Während der Tagung kam es zu folgendem aufschlußreichem Dialog:
"Mr. Fraser: Es wurde gesagt, daß die USA bereit sind, biologische Waffen gegen Kuba anzuwenden. Könnten Sie sagen, ob das stimmt?
Mr. Pickering: Mir liegen keine Nachrichten darüber vor.
Mr. Fraser: Ist jemand von den Anwesenden besser darüber informiert? (Keine Antwort.)
Mr. Pickering: Ich las in der Presse über eine Diskussion zu dieser Frage.
Mr. McCarthy: Ich nehme an, daß dem Senatsausschuß für auswärtige Angelegenheiten die hier angedeuteten Vorfälle bekannt sind, und es gibt in der Regierung Personen, die mit allen früheren und gegenwärtigen Dokumenten bekannt sind, Ich weiß, daß die Information in diesen Dokumenten enthalten ist..."
Im Bericht der Sonderkommission des Senats, die die CIA-Tätigkeit 1975 untersuchte, hieß es wörtlich:
"Im November 1962 wurde ein Vorschlag über ein umfassenderes Programm neuer Untergrundaktionen zum Sturz Castros ausgearbeitet, Präsidentsgehilfe Richard Goodwin und General Edward Lansdale, die beide im Niederwerfen von Aufständen versiert sind, spielten eine führende Rolle bei der Aufstellung dieses Programms, das auf den Namen ‚Operation Mongoose‘ getauft wurde.
Ende 1961 oder Anfang 1962 wurde William Harvey von der operativen Gruppe W der CIA eine CIA-Einheit zwecks Durchführung der ‚Operation. Mongoose‘ unterstellt. Die operative Gruppe W wirkte unter Führung der Erweiterten Sondergruppe und zählte insgesamt 400 Mann aus dem Hauptquartier der CIA und ihrem Ableger in Miami.
Die Hauptteilnehmer der ‚Operation Mongoose‘ aus der CIA waren McCone und Harvey.
Am 19. Januar ,1962 fand im Arbeitszimmer Generalstaatsanwalt Kennedys eine Sitzung der Hauptteilnehmer der Operation statt. Die von George McManus, einem Gehilfen von Helms, gemachten Aufzeichnungen über die Sitzung besagen:
Schlußfolgerung: Nach Möglichkeit Castros Sturz. Die Lösung des Kubaproblems ist die Hauptaufgabe der USA-Regierung. Es sind weder Zeit noch Geld, noch Mühe und Menschen zu sparen.‘
Am 18. Januar 1962, heißt es ferner im Bericht, erteilte Lansdale den Agenturen, die an der ‚Operation Mongoose‘ teilnahmen, 32 Vorbereitungsaufträge In einer Denkschrift an die Mitglieder der Arbeitsgruppe betonte Lansdale, daß es gelte, das nordamerikanische Genie rasch und wirksam am Vorhaben arbeiten zu lassen. Das erfordere eine Veränderung der üblichen Verfahren und die ernste Erkenntnis dessen, daß wir in einer Kampfsituation. seien, in der uns die ganze Führung überlassen sei.
Die 32 Aufträge umfaßten vielerlei, von der Sammlung von Spionageinformationen zwecks ihrer weiteren Nutzung durch US-Streitkräfte zur Unterstützung der kubanischen Volksbewegung bis zur Ausarbeitung eines operativen Programms von Sabotageakten in Kuba.
Am 19. Januar 1962 fügte Lansdale den am 18. Januar erteilten Aufträgen einen weiteren hinzu. Der 33. Auftrag bestand darin, die kubanischen Zuckerarbeiter während der Zafra durch chemische Kampfstoffe arbeitsunfähig zu machen. Wie Lansdale erklärte, sehe das Projekt den Einsatz chemischer Giftstoffe nicht tödlicher Wirkung vor, die vorübergehende Erkrankung von Kubanern verursachen würden. Diese werden 24 bis 28 Stunden lang nicht arbeiten können, aber ohne schädliche Folgen für ihre Gesundheit. Dieser Auftrag wurde zuerst als Projekt gebilligt, doch zugleich der Vorbehalt gemacht, zur endgültigen Bestätigung bedürfe es einer politischen Entscheidung. Die Erweiterte Sondergruppe billigte die 33 Aufträge Lansdales, die den Plan vom 30. Januar 1962 bildeten.
Die Revision von General Lansdales Programm am 20. Februar 1962 anhand des Kuba-Projektes betraf den wichtigsten Aktionsplan. Die 4. Phase dieses Plans beinhaltete u. a. Anschläge auf Funktionäre des Regimes, darunter auf seine Führer. Das hätte eine Sonderoperation sein müssen. Sehr wichtig ist es, daß die CIA daran Deserteure heranzieht. Kriminelle können bei ihrer Anwerbung für Aktionen gegen G-2-Offiziere die besten Resultate erzielen. Zu den Objekten sind technische Fachkräfte aus den sozialistischen Blockländern zu rechnen. Die "CW-Agenten" (Abkürzung für "chemischer Krieg‘) "müssen voll in Betracht gezogen werden."
Des weiteren heißt es im Bericht:
"Trotzdem wurden gemäß dem Programm Agentengruppen nach Kuba entsandt. Die Lansdale-Denkschrift vom 13. März 1962 für die Erweiterte Sondergruppe enthielt die Order; auf Kuba zwei Agentengruppen. zwischen dem 1. und dem 15. April 1962, zwei Agentengruppen zwischen dem 16. und dem 30. April, zwei Agentengruppen zwischen dem 1. und dem 15. Mai, vier Agentengruppen zwischen dem 16. und dem 31. Mai und 10-15 Agentengruppen zwischen dem 1. und dem 30. Juni 1962 einzuschleusen."
Neben der Einschleusung von Agenten umfaßte die ‚Operation Mongoose‘ nach wie vor eine Intensivierung von Sabotageakten. Der mißlungene Versuch, die Erzmine von Matahambre in die Luft zu sprengen, war am 30. August 1962 bestätigt worden. Die Lansdale-Denkschrift vom 31. August 1962 für die Erweiterte Sondergruppe legte die Ziele der Sabotage, darunter die Mine von Matahambre, mehrere Raffinerien und Nickelbetriebe, fest.
Die gleiche Denkschrift betonte: "Zu fördern ist die Vernichtung von Saaten durch Feuer, Gift und Unkraut; die Ernteeinbringung ist durch Verschleppung der Arbeiten, die Beschädigung von Säcken, Schachteln und anderen Verpackungsmitteln zu erschweren."
Die entsetzlichen Tatsachen, die ich hier angeführt habe, sind keine Erfindungen, vielmehr Entlarvungen seitens bekannter Mitglieder des US-Senats.
Am 1. September 1981 schrieb die US-Zeitung "Miami Herald":
"Washington. Die lauthals vorgebrachte Behauptung Fidel Castros, die ‚Seuche‘, die die Ernte und das Vieh auf? Kuba vernichte, sowie die Epidemie des Denguefiebers, die mehr als 100 Menschen das Leben genommen hat, seien ein Werk der CIA, scheint die Autoren eines neuen Buches, das in diesem Herbst erscheint, nicht zu verwundern.
Der ehemalige FBI-Agent William Turner und der Journalist Warren Hinckle berichten, daß die USA unter Präsident Nixon auf Kuba einen biologischen Krieg führten.
Nach ihrer Meinung umfaßten Nixons ‚Tricks‘ die Benutzung der Schweinepest zur Vernichtung der Schweinebestände auf Kuba und die Einwirkung auf das Wetter, die zu plötzlichen Überschwemmungen von Saatflächen führte.
Wie die Autoren nachweisen, hatte die CIA die Vereinigten Staaten in einen geheimen, nichterklärten und illegalen Krieg gegen Kuba verwickelt, der seit mehr als 20 Jahren andauert. Ferner behaupten sie, das sogenannte Kuba-Projekt sei das größte und am wenigsten bekannte unter denen, die die CIA, ohne sich um die von ihrer eigenen Satzung gezogenen Grenzen zu kümmern, ausführt.
Der biologische Krieg, Morde und Fälschungen wurden, wie Turner und Hinckle behaupten, mit mehr oder weniger Erfolg in der CIA benutzt.
Die Geschichte des "Kuba-Projekts" ist die Geschichte eines wichtigen Krieges der USA, der vom Kongreß nicht erklärt, von Washington nicht zugegeben und von der Presse nicht beleuchtet wurde."
Im Zusammenhang mit dem gleichen Thema der Verseuchung mit der Schweinepest (erstmalig 1971) heißt es in einem sehr aufschlußreichen UPI-Telegramm aus Washington vom 9. Januar 1977:
"Die CIA weigert sich gegenwärtig, ihre Teilnahme an der Organisation eines künstlichen Auftretens der afrikanischen Schweinepest, die den Tod von 500.000 Schweinen auf Kuba 1971 verursachte, zu kommentieren.
Die ‚Newsday‘, die Tageszeitung von Long Island (New York), erklärte heute: ‚Zumindest mit stillschweigender Unterstützung der CIA führten Agenten, die mit Anti-Castro-Terroristen liiert sind, den Virus der afrikanischen Schweinepest ein.‘
Sechs Wochen nach Auftreten dieser Krankheit mußte der Sanitätsdienst Kubas 500.000 Schweine töten lassen, um eine Seuche im Landesmaßstab zu vermeiden.
Im Unterschied zur Schweinegrippe ist die afrikanische Schweinepest für den Menschen ungefährlich, für die Schweine dagegen höchst ansteckend und tödlich.
Eine unidentifizierte Quelle aus der CIA sagte der ‚Newsday‘ gegenüber, Anfang 1971 habe diese Person in Fort Gulick, das der US-Armee in der Panamakanalzone gehört und von der CIA genutzt wird, einen Behälter mit Viren erhalten. Der Behälter sei mit einem Fischerboot Agenten zugestellt worden, die im Untergrund auf Kuba wirkten.
Das war das erste Auftreten dieser Erkrankung in der westlichen Hemisphäre.
Ein CIA-Sprecher teilte mit, daß es keinen Kommentar zu den Mitteilungen der ‚Newsday‘ gäbe.
Bekannt ist, daß die CIA und die US-Armee, wie sie selbst zugaben, zu der Zeit, als auf Kuba die afrikanische Schweinepest auftrat, mit Giften, Giftstoffen von tödlicher Wirkung, Stoffen für die Vernichtung der Ernte und mit anderen biologischen Kriegsmitteln experimentierten."
Die in diesem Telegramm signalisierte Epidemie trat in unserem Lande gerade in der genannten Zeitspanne während der Präsidentschaft Richard Nixons ein.
Jetzt, da wir noch nicht das Denguefieber überwunden haben, ist auf eine sonderbare und unerklärliche Weise eine andere Epidemie - die hämorrhagische Konjunktivitis - aufgetreten und hat sich in der Hauptstadt der Republik ausgebreitet, Wir hoffen, daß sich niemand von den Anwesenden anstecken wird.
Meine Herren Parlamentarier, unsere mehr als 20jährigen bitteren Erfahrungen in den Beziehungen zu den USA haben etwas zu sagen. Wir haben guten Grund, vom Imperialismus und von seinen Ämtern, die Terror und Verbrechen säen, das Schlimmste zu erwarten.
Wir fürchten die imperialistischen Drohungen nicht, Offenbar kann man wissen, wann ein Konflikt gegen uns zu beginnen ist; doch kann niemand wissen, wann und wie er endet.
Das in den USA bestehende System ist nicht faschistisch, doch bin ich zutiefst davon überzeugt, daß der Kern der gegenwärtigen Administration faschistisch ist; faschistisch ist ihre Denkweise und die kategorische Ablehnung der Menschenrechte; faschistisch ihre Außenpolitik und die absolute Mißachtung des Weltfriedens; faschistisch ihre Weigerung, nach Formen der friedlichen Koexistenz zwischen den Staaten zu suchen; faschistisch ihre Überheblichkeit, Arroganz, der Kurs auf Wettrüsten, der Drang nach Erlangung militärischer Überlegenheit um jeden Preis, nach Gewalt, Erpressung und Terror; faschistisch das Bündnis mit Pinochet und den härtesten Regimes dieser Hemisphäre, deren Repressalien, Terrorakte, Folterkammern und heimliche Ermordungen viele Tausende Menschen das Leben kosteten, wobei deren Angehörige häufig nicht einmal wissen, wo sich die sterbliche Hülle befindet; eindeutig faschistisch ist ihre schamlose Allianz mit der RSA und dem Apartheidregime. Faschistisch ist ihre Sprache der Drohungen und ihre Verlogenheit. Ich werde nie behaupten, das amerikanische Volk, seine gesetzgebenden Einrichtungen, die Presse, die zahlreichen und aktiven Organisationen der Öffentlichkeit oder gar seine edlen demokratischen Traditionen und seine Freiheitsliebe wären faschistisch. Unsere Hoffnung beruht auf der Sicherheit, daß sich der Faschismus weder in den USA noch sonst irgendwo in der Welt durchsetzen kann, und doch ist es Tatsache, daß gegenwärtig in den USA im Rahmen einer imperialistischen bürgerlichen Demokratie eine faschistische Führung an die Macht gekommen ist. Das ist außerordentlich gefährlich.
Aber der Faschismus ist nicht mit Klagen, guten Worten oder Zugeständnissen zu besiegen. Er wurde im Kampf zerschlagen. Es ist Zeit, die Wirklichkeit zu sehen, wie sie ist, die wahnwitzige faschistische Politik zu enthüllen und entschieden zu bekämpfen. Das ist heute einer der Wege, auf dem die Katastrophe vermieden werden kann. Man muß dem Imperialismus vor Augen führen, daß heute niemand mit Drohungen und Terror eingeschüchtert, daß diese Politik nicht mehr aufgezwungen werden kann; daß ein München und schmähliche Zugeständnisse nicht mehr vorkommen, daß der Widerstand entschlossen sein wird und daß die Völker der Welt die Verwirklichung der verbrecherischen Vorhaben abwenden können - wenn nötig, unter Einsatz ihres Lebens.
Die Weltöffentlichkeit reagiert bereits auf diese Politik, und auch das Volk der USA wird darauf reagieren, je mehr sich die drakonischen Maßnahmen, die den Interessen der ärmsten Klassen der US-Gesellschaft zuwiderlaufen, auswirken werden, das Budgetdefizit zunimmt, der Produktionsrückgang schärfer, die Arbeitslosigkeit höher sein wird und sobald sich die Abscheu und der Widerstand gegen diese verantwortungslose, abenteuerliche Politik verstärken wird, die das Imperium zum Ruin und in den Abgrund treiben kann.
Selbst wenn wir als Führer glauben, Auszeichnungen und Ehrungen verdient zu haben, sind wir vergänglich. Ewig waren bisher nur die Menschheit und die Werte, die sie in Jahrtausenden geschaffen hat. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß heute all das, was wir lieben, wofür wir kämpfen, wovon unsere Vorgänger träumten und wovon wir heute träumen - unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - in Gefahr ist, Wir sind handelnde Personen und Zuschauer in einem folgenschweren Moment der Geschichte. Viele mögen fragen. ob wir am Ende einer historischen Etappe oder in der Etappe des Endes leben. Wird die Menschheit überleben?
Erstmalig in der Geschichte erhebt sich diese Frage so alarmierend. Angesichts der realen Gefahr müssen wir mutig und besonnen handeln. Wir können uns den Luxus nicht leisten, Pessimisten zu sein, denn dann haben wir den Kampf um den Frieden von vornherein verloren. Wir dürfen nicht feige sein, denn sonst sind sowohl die Würde als auch der Frieden von vornherein verloren. Wir können und müssen den Frieden ohne das geringste Kapitulantentum bewahren und dazu die Völker, darunter das Volk der USA, die riesige Macht der öffentlichen Meinung und des Gewissens, die sich während des heldenhaften Kampfes Vietnams offenbarte, mobilisieren; wir müssen uns dabei auf das heutige Kräfteverhältnis zwischen Sozialismus und Imperialismus stützen, das dieser letztere vergeblich zu seinen Gunsten zu verändern trachtet, auf die Fähigkeit der Völker, zu kämpfen, um jede imperialistische Aggression zurückzuschlagen, auf die internationale Solidarität, die tausenderlei neue Formen annehmen kann.
Wir glauben sogar an den Selbsterhaltungstrieb des Imperialismus, der weiß: Im Falle eines Nuklearkrieges wird auch er zu radioaktiver Asche.
Wir retten den Frieden, wenn seine Feinde wissen werden, daß wir bereit sind, eher dafür zu sterben, als der Erpressung und Angst nachzugeben!
Abenteurer, Besessene und Wahnsinnige dürfen nicht über das Schicksal der Menschheit entscheiden!
Wir glauben, daß der Frieden erhalten bleibt, daß verantwortungsbewußte Menschen, gerechte Kriterien, wohldurchdachte, kluge und kühne Entscheidungen überwiegen werden, damit alle Nationen und Völker, die heutigen und die künftigen Generationen in Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit leben.
Die Menschheit muß und wird unvergänglich sein, wenn wir danach streben, wenn wir Bewußtheit und Tapferkeit zeigen!
CUBA LIBRE Extra 1981