Nach der Bundestagswahl habe in der CDU/CSU ein Prozeß des Überdenkens bisheriger Positionen in den Beziehungen zu den sozialistischen Staaten begonnen, das konnte man immer wieder in den Massenmedien hören und lesen, gelegentlich sagte das auch der eine oder andere CDU-Politiker. Natürlich widerspricht die CSU heftig. Zimmermann, die Stimme seines Herren, wiederholt mit der Hartnäckigkeit des Suppenkaspers: '... ein ostpolitisches Godesberg gibt es für uns nicht.' Wie die Weichen in München auch immer gestellt sein mögen, für die Nachdenklichen in der CDU möchten wir einen Hinweis geben: Beim Nachdenken bitte auch die eigene Position zur Freundschaftsgesellschaft Bundesrepublik Deutschland-Kuba zu überprüfen. Denn was hier von der CDU/CSU praktiziert wird, erinnert an die dunkelsten Tage des kalten Krieges. Dafür einige Belege:
In den "Informationen zur Deutschlandpolitik" der CSU nennt im Dezember 1979 Helmut Bärwald unter der Überschrift "Die DKP und ihre Hilfsgruppen" die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba eine "wichtige außenpolitische Hilfsorganisation der orthodoxen Kommunisten". Weiter heißt es: "Sie (die FG) verherrlicht das sozialistische System und hat, das wurde auch in ihrem Programm festgelegt, unter anderem diese Aufgaben: Einen grundlegenden Wandel - im Sinne der Kommunisten - der Politik Deutschlands gegenüber Kuba zu erreichen und die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem kommunistischen Kuba auf der Grundlage der Politik friedlicher Koexistenz (in sowjetkommunistischer Interpretation!) zu entwickeln. Überdies sollen die Öffentlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland über die angeblich positive Entwicklung des Sozialismus in Kuba informiert und der Austausch von Reisegruppen und Delegationen organisiert werden."
Zur Sache: Ein grundlegender Wandel in den Beziehungen zwischen unseren Ländern trat 1975 durch die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen ein. Offensichtlich waren daran nicht nur die Kommunisten interessiert. Jedenfalls rechnet sich die Freundschaftsgesellschaft zu den Kräften, die für die Normalisierung der Beziehungen wirkten, und das im Interesse unseres Landes. Was an gleichberechtigten Beziehungen so furchtbar kommunistisch sein soll, wissen wohl nur die CSU-Strategen in München. Und daß schließlich in einer Gesellschaft, die sich der Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zu einem sozialistischen Land wie Kuba widmet, nicht Kommunisten ausgeschlossen werden, sollte einleuchtend sein. Doch ebensowenig wie der DGB eine Hilfsorganisation der DKP ist, denn im DGB sind ebenfalls nicht wenige DKP-Mitglieder organisiert, ist auch die FG BRD-Kuba ein Bündnis unterschiedlicher Kräfte, die sich auf gemeinsame Ziele einigen und dafür wirken.
Beleg Nummer zwei:
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag brachte am 31. März 1980 eine kleine Anfrage im Bundestag ein, in der es heißt:
"Nicht nur Bundestagsabgeordnete und andere Mitglieder der SPD lassen sich auf diesem Wege für die kommunistische Bündnispolitik einspannen, sondern die Bundesregierung ist offenbar selbst bereit, durch ideelle und materielle Förderung von Freundschaftsgesellschaften ein Gleiches zu tun. Statt über Methoden und Absichten kommunistischer Bündnispolitik aufzuklären, wie es ihre Pflicht wäre, fördern und unterstützen Bundesregierung und Vertreter der SPD/FDP-Koalition sie noch."
Nach namentlicher Nennung von Vorstandsmitgliedern in den verschiedenen Gesellschaften, darunter der Freundschaftsgesellschaft Bundesrepublik Deutschland - Kuba, fragten die CDU/CSU-Abgeordneten: "Ist die organisierte Zusammenarbeit von Mitgliedern deutscher demokratischer Parteien mit moskautreuen deutschen Kommunisten in sogenannten Freundschaftsgesellschaften ... ein förderlicher Beitrag zur Politik der Sicherung von Frieden und Freiheit und der Entspannung und, wenn ja, aus welchen Gründen?"
In der Antwort der Bundesregierung vom 12. Juni 1980 heißt es: "Die Bundesregierung sieht es nicht als ihre Aufgabe an, die Tätigkeit von Mitgliedern demokratischer Parteien in den Freundschaftsgesellschaften zu bewerten."
Beleg Nummer drei:
Im Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen gegen den Vorsitzenden der FG BRD-Kuba, Horst-Eckart Groß, das den Mathematiker Groß mit Berufsverbot belegte, heißt es unter anderem:
"Diese Zweifel werden weiter auch nicht gerade ausgeräumt durch die mehrjährige Tätigkeit des Klägers als Mitglied, stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer sowie nunmehr Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba. Es bedarf dabei keiner Feststellung, daß es sich bei dieser Freundschaftsgesellschaft ebenfalls, wie bei der DKP, um eine verfassungsfeindliche Organisation handele. Sie ist jedenfalls weitgehend kommunistisch unterwandert."
Genug der Beispiele. Sie belegen sehr deutlich, wie rechtskonservative Kräfte das Wirken unserer Gesellschaft diskriminieren, sie in eine Grauzone der Halblegalität rücken. Das Ziel sind dabei nicht vordergründig die DKP-Mitglieder, im Visier sind Sozialdemokraten, Freidemokraten, Christen - ihnen soll die Zusammenarbeit mit Kommunisten angelastet werden. Wie schon einmal gesagt, eine Freundschaftsgesellschaft mit Kuba, an deren Spitze ZDF-Löwenthal oder CSU-Stoiber stehen, ist wohl gegenwärtig nicht denkbar und wohl auch nicht machbar, und ob eine solche Gesellschaft den Interessen der Bundesrepublik dienen würde, ist auch mehr als zu bezweifeln. Da gibt es schon genügend obskure Komitees, die sich der Zusammenarbeit mit Pinochet oder anderen Juntachefs Lateinamerikas widmen, dem Ansehen der Bundesrepublik jedenfalls Schaden zufügten.
Wir, die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, wir verstehen unser Wirken weder als Einbahnstraße noch als weltanschaulich einseitige Tätigkeit. Wir bemühen uns um besseres Verständnis für das kubanische Volk und seine Probleme und wir wollen den Kubanern viel von unserem Volk vermitteln. Das allerdings auf einer Plattform, die Feindschaft, Neokolonialismus und Diskriminierung ausschließt. Und über das Ansehen unserer Gesellschaft in Kuba sind nähere Auskünfte beim bundesdeutschen Botschafter, Herrn Dr. Freitag, in Havanna einzuholen. Auf jeden Fall leisten wir mehr zur Völkerverständigung,als kalte Krieger, die den Antikommunismus predigen und den Völkern Lateinamerikas mit imperialistischer Anmaßung gegenübertreten.
Fritz Noll, stellvertretender Vorsitzender der FG BRD-Kuba
CUBA LIBRE 3-1980