DIE FRAU IN KUBA IN DER REVOLUTIONÄREN EPOCHE

Mit dem 1. Januar 1959 begannen für das kubanische Volk neue und grundlegende Veränderungen.

Kuba war die erste und letzte Kolonie Spaniens in Lateinamerika und ist heute, nach langen, harten Jahren des Kampfes, das erste sozialistische Land in dieser Hemisphäre.

Zum Zeitpunkt des Sieges der Revolution war Kuba ein armes Land, unterentwickelt, mit einer Monoproduktion von Zucker, mit einer völlig von den Vereinigten Staaten abhängigen Wirtschaft, was der Tatsache entsprang, daß wir 1902 nur den Herrn gewechselt und aufgehört haben, eine spanische Kolonie zu sein, um uns in eine Neukolonie der Yankees zu verwandeln. Aus dieser drückenden Vergangenheit bleibt als Makel der auf unserem Territorium befindliche Militärstützpunkt Guantánamo bestehen.

Viele Frauen unseres Landes schrieben im hohen Maße wunderbare und heroische Seiten im Buch der Geschichte von mehr als einem Jahrhundert, zuerst in dem Kampf gegen Spanien, später in den Kämpfen der Pseudorepublik, die zu einer reichen Kampftradition führten.

Die Geschichte verläuft nach objektiven Gesetzmäßigkeiten, aber es sind im Besonderen die Menschen, die die Geschichte machen. Oder anders, der entscheidende Faktor ist das Wesen Mensch, daß unter diesen Gesetzen agiert, um im Großen oder Kleinen vorwärts zu schreiten oder zurückzufallen.

So sah sich die kubanische Frau in den 50 Jahren der Republik unterdrückt und verachtet und konnte nur ein besseres Verständnis von ihrer Lage in der Gesellschaft erlangen und sich für die Entwicklung des vorrevolutionären Prozesses in dieser Periode einsetzen.

Die Revolution gab der kubanischen Frau alle Möglichkeiten, sich als Mensch zu verwirklichen und die revolutionäre Führung achtete nicht nur auf die Durchsetzung neuer Strukturen, die dafür erforderlich waren, sondern auch darauf, daß die Vorstellungen der Bevölkerung, - sowohl der Männer als auch der Frauen - darüber verändert wurden, welchen Platz die Frau in einer revolutionären Gesellschaft einnimmt.

Am 23. August 1960 wurde die Vereinigung der Kubanischen Frauen gegründet, die alle revolutionären Frauenorganisationen zusammenfaßte, die bis dahin existierten. Diese Organisation ist Tag für Tag gewachsen und heute umschließt sie in ihren Reihen ungefähr zwei Millionen dreihunderttausend Frauen, unter ihnen Arbeiterinnen, Landfrauen, Studentinnen, Hausfrauen, Freiberufliche und weibliche Mitglieder der revolutionären Streitkräfte und des Innenministeriums.

Und bei diesem nur Erwähnen der sozialen Zusammensetzung unserer Frauenorganisation können wir geltend machen, daß es keinen einzigen Tätigkeitsbereich gibt, der der Frau in unserem Vaterland verschlossen ist. Die genannte Zahl stellt ungefähr 80% der weiblichen Bevölkerung über 14 Jahre dar, dem Mindestalter für den Eintritt in diese Organisation.

Im Rechenschaftsbericht des Genossen Fidel am historischen 1. Parteitag unserer Partei zeigte er die Tradition des Kampfes der kubanischen Frau auf, die "auf den ersten Regungen der Rebellion in unserem Land gegenüber den Grausamkeiten der Eroberer und der Peitsche der Sklavenhalter" fußt.

Die kubanische Frau nahm an den beiden Kriegen teil, die Kuba von Spanien befreiten und viele heroische Seiten wurden von ihr geschrieben. In dem Kampf gegen den Imperialismus, in der Verteidigung der Volksinteressen, in der Auseinandersetzung mit den Tyrannen, die unser Volk unterdrückten und im Kampf für ihre Rechte als Arbeiterin, als Mutter, war die kubanische Frau beteiligt.

Genauso stand sie am 26. Juli 1953 in der Rebellenarmee und stellte sich den risikoreichen Aufgaben des Kampfes gegen die Batistadiktatur in den Städten.

Aber abgesehen davon waren unsere Frauen doppelt unterdrückt und geschunden, durch unsere halbkoloniale Gesellschaft und durch das Erbe jener Jahre, in denen sie, außerhalb des Haushalts und des fleischlichen Vergnügens, nur eine einfache Sache waren.

Die Zurückgebliebenheit, der viele Länder unseres Kontinents ausgesetzt sind, der sie zumeist noch im weit stärkeren Maße ausgesetzt sind.als damals in Kuba, führte viele Jugendliche in dem einen Fall in die Prostitution, dem demütigensten Weg für so viele arme Frauen; in dem anderen Fall zu frühen Heiraten, als Weg, um ihren Schwierigkeiten, und in besonderen ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten, zu entgehen.

Wenn wir einen Vergleich anstellen zu dem, war wir an sozialem Fortschritt in unserem Land in diesen 20 Jahren erreicht haben, sind die Erf lge beeindruckend, die Kuba an einen hervorragenden Platz unter den Ländern Lateinamerikas stellen.

Am 26. Juli 1953, an dem Tag an dem der Sturm auf die Moncada-Kaserne stattfand, betrug der Prozentsatz an Analphabeten 23%. Heute schwankt er um 3%. Von diesen 23% war ein Großteil Frauen. Ende 1958, am Tag des Sieges der Revolution, gab es, in absoluten Zahlen, mehr als 1 Million Analphabeten und mehrere Hunderttausend Halb-Analphabeten. Bei einer Bevölkerung von kaum mehr als 5 Millionen Einwohnern gab es mehr als 600.000 (Sechshunderttausend) Kinder ohne Schulunterricht und 10.000 arbeitslose Lehrer.

Zu den ersten Aufgaben in unserem revolutionären Prozeß gehörte die Ausmerzung des Analphabetismus. Mit der Zielstellung, die Schulbildung in die entferntesten ländlichen Gebiete des Landes zu bringen, wurden 1959 31.000 freiwillige Lehrer dorthin geschickt, und es wurde der Bildungsplan "Ana Betancourt" für Mädchen auf dem Lande eingeführt, nach welchem verschiedenartige Kurse mit mehr als 150.000 Landfrauen in der gesamten Bergregion des Landes durchgeführt wurden.

Nach und nach stieg der gewonnene Bildungsstand bezüglich der Kapazität,der Einrichtungen und des Niveaus, und heute fühlen sich die kubanischen Mütter in bezug auf die Zukunft ihrer Töchter sicher.

Gegen die bittere Armut wurde umfassend vorgegangen, und dies wurde zu einem höchstmöglichen Prozentsatz insbesondere bei Frauen und Mädchen praktiziert.

Es verschwand zu gleicher Zeit das traurige Schauspiel sich selbst überlassener, bettelarmer Kinder, die entwürdigende Arbeiten von jüngster Kindheit an verrichten, um zum Lebensunterhalt ihrer Obdachgeber beizutragen. Die Arbeitsmöglichkeiten für Frauen waren sehr beschränkt, zuerst durch die Tatsache, Frau zu sein; durch das niedrige Bildungsniveau, daß die große Mehrheit erreichen konnte und durch den Umstand, daß die Kinder ihrer Betreuung und Aufsicht bedurften.

Mit dem Ziel eine bessere Einbeziehung der Frau in den Arbeitsprozeß zu erreichen, wurden die Kinderkreise gegründet, eine Aufgabe, der sich die Vereinigung der’ Kubanischen Frauen widmet. Ebenso wurden Kindereinrichtungen zur Erziehung der Kinder der arbeitenden Frauen geschaffen.

1961 wurden die ersten Kinderkrippen als Erziehungseinrichtungen geschaffen, deren Aufgabe die Erziehung und Förderung der Kinder im Alter von 45 Tagen bis 5 Jahre waren, und 1975 gab es bereits 657 solcher Krippen mit 54. 382 Kindern, wovon 49.805 arbeitende Mütter profitierten und diese Anzahl ist in der Folgezeit noch angestiegen.

Auch gibt es die Kindergärten, in denen die Kinder zwischen vier und fünf Jahren betreut werden, die nach einem detaillierten Plan arbeiten, der die Pflege, Ernährung, kindgemäße Ausbildung der Fähigkeiten und anderes umfaßt, was eine gute geistige und körperliche Entwicklung der Kinder ermöglicht, auch wenn die Frauen arbeiten.

Zu Beginn erhielten die Kolleginnen, die diese Institutionen betreuen, einen Plan und ein Arbeitsprogramm, aber sie hatten keine spezielle Vorbildung. 1969 wurde die Ausbildungsschule für Kinderkrippen mit einer Ausbildungszeit von 4 Jahren errichtet, was für eine umfassende Förderung des Kindes unbedingt erforderlich war. 1974 wurde das Kinderinstitut gegründet, das unter seiner Leitung die Krippen und die übrigen Kindereinrichtungen für Kinder von vier und fünf Jahren vereinigte. Und jedes Jahr wurden neue Kinderkrippen und Kindergärten gegründet, was die Eingliederung weiterer Frauen in den Arbeitsprozeß ermöglichte, und die garantierten, daß ihre Kinder während der Arbeitszeit gut versorgt wurden. So zeigte Fidel am Schluß des 2. Kongresses der Kubanischen Frauenvereinigung auf, daß in einem relativ kurzem Zeitraum 400 neue Krippen errichtet werden, um die Kapazität von 1975 zu verdreifachen, das heißt, auf 150.000 Kinder zu erhöhen.

Genosse Fidel brachte zum Ausdruck, daß "Die Frau der natürliche Schmied ist, wo das Leben geformt wird." Und obwohl in Kuba der staatliche Mutterschutz und der Schutz der Kinder ein proklamiertes Grundprinzip der fortschrittlichen bürgerlichen Gesetzgebung war, steht es doch genauso fest, daß die Not und die deformierte wirtschaftliche und soziale Entwicklung, durch die unsere pseudorepublikanische Zeit gekennzeichnet war, diesen propagierten Schutz sehr beschränkte und ins Gegenteil verkehrte. Seit 1934 gab es durch die Gründung der Sozialversicherung den Mutterschutz, der alle arbeitenden Frauen umfassen sollte, aber ohne Zweifel niemals die große Mehrheit der weiblichen Bevölkerung erreichte, wie zum Beispiel das große Heer der im Haushalt und im Dienstleistungsbereich für eben diese Gesellschaft arbeitenden Frauen.

Noch im selben Jahr 1959 proklamierte die Revolution ihre Vorschläge zur Verwirklichung der Betreuung und Versorgung der Masse der arbeitenden Bevölkerung. Seit diesem Jahr wurde mit anderen Maßnahmen die materielle Basis für die medizinische Vorsorge und medizinische Behandlung der Bevölkerung im allgemeinen und im besonderen der Frauen und der Kinder begonnen zu entwickeln.

Einer unserer größten Errungenschaften war die rasche Ausdehnung dieser Dienste auf die zurückgebliebenen Regionen des Landes, einschließlich des Baus von Entbindungsstationen und Kinderkrankenhäusern an vorher unvorstellbaren Orten.

Am 27. März 1963 wurde durch das Gesetz Nr. 1.100 die soziale Sicherheit in unserem Land und damit verbunden sie soziale Sicherung der Mutterschaft allgemein gültig, was große Verbesserungen einleitete.

Aber abgesehen davon, erlaubte der durch die Revolution allgemein erreichte Fortschritt in unserem Land und insbesonders der Fortschritt auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, daß am 16. Januar 1974 das-Gesetz 1.263 über die Mutterschaft der Arbeiterin verabschiedet wurde. Der Vorentwurf zu diesem Gesetz, der sorgfältig erarbeitet wurde, wurde bereichert und vervollkomnet durch die praktischen Erfahrungen der Arbeiterinnen, die sich aus der öffentlichen Diskussion ergaben.

Dieses Gesetz beinhaltet neue Fortschritte, von denen folgende genannt werden sollen:

-Ausdehnung der Dienste zur sozialen Sicherheit der Mutterschaft in Anerkennung des Beitrages der Frau zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft.
- Garantie der medizinischen Betreuung während der gesamten Schwangerschaft, der Geburt und während der Zeit danach.
- Garantie der medizinischen Betreuung und Vorsorge der Neugeborenen.
- Ausdehnung des Mutterschutzes, der vorher 12 Wochen betrug, auf 18 Wochen, von denen die Mutter 12 Wochen nach der Geburt genießt, und die Verlängerung von zwei Wochen im Fall von Mehrlingsgeburten oder im Fall eines Fehlers bei der Berechnung des Geburtsdatums.
- Gewähr einer zusätzlichen Zeit, wenn die Mutter sich außerstande sieht, ihre Arbeit aufzunehmen, da sie ihr neugeborenes Kind versorgen muß.

Diese Gesetzgebung zeigt exemplarisch die erreichte Entwicklung, die wir auf diesem Gebiet in unserem Land erreicht haben.

Für die Kinder in der Grundschule haben die Halbinternate zugenommen, wo die Kinder ihr Essen erhalten, und so der häuslichen Verantwortung der arbeitenden Frauen entzogen sind.

Obwohl noch eine Reihe von Schwierigkeiten, besonders was die Dauerhaftigkeit der von den Frauen an ihren Plätzen geleisteten Arbeit angeht, bestehen, werden hier besondere Anstrengungen unternommen, um die Durchschnittsverweildauer der an der Schaffung des Sozialprodukts beteiligten Frauen zu erhöhen.

Gegenwärtig gibt es keinen Tätigkeitsbereich, wo die Frau nicht präsent ist: in der Kunst, der Wissenschaft, der Produktion, der Landwirtschaft, der Bildung etc., aber obwohl das so ist, ist es erforderlich, die Qualifikation zahlreicher Kolleginnen zu erhöhen, damit eine große Zahl leitender Positionen von Frauen besetzt werden kann. Auch wird um die Erhöhung der Anzahl der Frauen in bestimmten Beschäftigungen, wie zum Beispiel als Industriearbeiter oder Leiter, gerungen.

Ein anderer wesentlicher Aspekt, der in den zukünftigen Jahren zu verbessern ist, ist die Beteiligung der Frauen in den Volksvertretungen des Poder Popular, bei der Besetzung der staatlichen und politischen Organe, was auch schon im zweiten Kongress der Kubanischen Frauenvereinigung im November 1974 Fidel aufzeigte.

Zum Beispiel gab es 1975 in den Reihen unserer Partei nur 15% Frauen. In dem Kommunistischen Jugendverband betrug zum gleichen Zeitpunkt der Prozentsatz etwas mehr als 30%, und es wird daran gearbeitet, ihn zu erhöhen.

Es ist der politischen und wirtschaftlichen Führung der Revolution die Tatsache nicht entgangen, daß immer noch die häuslichen, familiären Arbeiten ein starkes Hemmnis für die vollständige Einbeziehung der Frau in das wirtschaftliche und soziale Leben darstellen, durch die Zeit und die Anstrengungen, die diese Beschäftigungen von der Frau erfordern.

Mit dem Ziel dies zu ändern, soll das kollektive Bewußtsein der Familie entwickelt werden, und es wurde das Familiengesetzbuch geschaffen, daß die Beziehungen in der Familie auf der Basis der vollständigen Gleichberechtigung fixiert, da bis dahin noch Gesetze aus der desolaten bürgerlichen Vergangenheit bestanden, die im Gegensatz zum Grundsatz der Gleichberechtigung standen und die für die Frau diskriminierend waren.

Das Gesetzbuch zeigt auf, daß verständnisvolle Haltung und Zusammenarbeit bei den häuslichen Aufgaben erforderlich sind, um eine gerechte Verteilung derselben zu erreichen, und daß besonders Jungen, die nicht von alten Vorstellungen der Vergangenheit belastet sind, diese neuen Vorstellungen und die wirkliche Rolle der Frau anerkennen.

Trotz allem was vorher gesagt wurde, müssen wir auf diesem Gebiet noch viel tun. Mit den jungen Frauen bestehen nicht so viele Schwierigkeiten im Hinblick auf das Bildungsniveau, aber es wird um die Hebung des Niveaus der gesamten weiblichen Bevölkerung gerungen. Zum Schluß möchte ich mich auf die kubanische .Frau in ihren Aufgaben der internationalen Solidarität beziehen, wo sie als Ärztin, Krankenschwester, Maschinenbauer oder Lehrerin in vielen Teilen Afrikas und Asiens tätig ist.

Und für alle jene Länder Lateinamerikas, Asiens und Afrikas, wo noch die Ausbeutung und völlige Diskriminierung herrscht, die sich in den Kämpfen um die vollständige Emanzipation und auf dem langen und schwierigen Weg zu ihrer Verwirklichung befinden, aber die deshalb nur um so heroischer sind, gibt es immer die Hand einer Freundin, ein fruchtbares Beispiel, ein solidarisches und aufrechtes Herz: dasjenige der kubanischen Frauen!

Teresita Averhoff de Fernandez
(Die Verfasserin ist 1.Sekretär der Botschaft der Republik Kuba in der Bundesrepublik Deutschland)

Freundschaftsgesellschaft BRD-Cuba, Informationsdienst Nr. 12 / 2-1979