Interview mit dem Arzt im Campamento

Kannst Du Dich kurz vorstellen?

Ich heiße Pedro Cruz, komme aus Pinar del Rio und bin verheiratet. Ich habe 5 Jahre Medizin studiert und mich anschließend 3 Jahre spezialisiert. Jetzt bin ich Facharzt für allgemeine Pathologie. Ich habe die Fortbildung in meinem Beruf betrieben, um zur Entwicklung unserer Revolution beizutragen.

Hast Du die Spezialisierung auf dem Land gemacht?

Ich habe während meiner Fachausbildung fast 3 Jahre auf dem Land gearbeitet. Da ich die Gelegenheit hatte, in den Brigaden mitzuarbeiten, habe ich den größten Teil meiner Fachausbildung statt auf dem Land in den Brigaden vollzogen.

Wie wird während des Studiums die praktische Ausbildung betrieben?

Während des Medizinstudiums wird in einem Lehrkrankenhaus gelehrt und es gibt Einsätze in den Polikliniken wie auch auf dem Lande, Dies alles wird so kombiniert, daß eine umfassende Ausbildung für den zukünftigen Arzt gewährleistet ist.

Ist in der medizinischen Ausbildung eine psychologische Ausbildung enthalten?

Während des 1. und 2. Jahres der Ausbildung haben wir das Fach Allgemeine Psychologie, In Kuba wird auch Psychologie als eigenes Fach gelehrt, auf den Psychologie-Schulen, Sollte ein angehender Arzt nach Beginn seines Studiums sich dazu entschließen, Psychologie zu studieren, so bricht er sein Studium ab und schreibt sich in der Psychologie-Schule ein.

Weißt Du etwas über das Psychologiestudium?

Nein.

Was machst Du nach den drei Jahren Fachausbildung?

Ich bin Facharzt und meine Ausbildung ist nun individueller Art. Ich habe mein Universitätsstudium abgeschlossen. Jetzt geht es um die eigene Weiterentwicklung. In meiner Arbeit als Dozent in einem Lehrkrankenhaus werde ich jungen angehenden Ärzten Unterricht erteilen, In meiner Arbeit als Pathologe muß ich um ständige Qualifizierung zur persönlichen Weiterentwicklung bemüht sein, wie es übrigens die Pflicht jedes Arbeiters auf seinem Arbeitsplatz ist. Es ist ein Prozeß der Weiterentwicklung in und durch die Arbeit. Wir haben gute Bibliotheken, wo wir uns ausreichend informieren können.

Wie hoch ist Dein Gehalt?

400 Pesos.

Wie ist die Arbeitszeit?

Wie jeder Arbeiter in Kuba arbeite ich 8 Stunden täglich.

Was hast Du für Tätigkeiten außerhalb des Berufs?

Ich nehme an allen sozialen Aktivitäten meines Landes teil; z.B. Aktivitäten der Massenorganisationen und der Partei. Außerdem arbeite ich aktiv in der Gewerkschaft, So sollten wir Ärzte, wie jeder Arbeiter, jeder Kubaner an allen Aktivitäten des Landes teilnehmen.

Wir sind nicht davon ausgenommen, weil wir Doktoren sind. Wir reihen uns ein in die CDR, wenn eine Straße sauber zu machen ist; in die Gewerkschaft, wenn eine Versammlung zu organisieren ist; und die Mitglieder der Parteiorganisationen nehmen an Aktivitäten ihrer Organisationen teil. Ich bin Parteimitglied.

Wie entwickelt sich Dein Gehalt; wird es höher?

Nein, es wächst nicht.

Wie ist die medizinische Versorgung der Landbevölkerung; gibt es Probleme etwa wegen der geographischen Lage von Gebieten?

Wir haben zur Zeit keine geographischen Probleme mehr in Bezug auf verschiedene Zonen, die versorgt werden müssen, Die nahen wie die entferntesten Regionen, auch die unzugänglichen Gebirgsregionen - sie sind versorgt. Die Probleme, die wir haben, sind die eines unterentwickelten Landes: wir brauchen mehr und qualifiziertere Ärzte. Mit den vorhandenen Ärzten haben wir aber gegenwärtig alle grundlegenden Gesundheitsprobleme gelöst, Wir haben aber noch spezielle Probleme, besonders in bestimmten Regionen, die wir noch lösen müssen.

Gibt es Ärzte, die mit mobilen Einrichtungen Bevölkerungsteile besuchen müssen, wo es keine Polikliniken oder Krankenhäuser gibt?

Nein. Die Ärzte sind Zonen zugeordnet, wo sie die Versorgung der umliegenden Bevölkerung gewährleisten können, Auch in den entferntesten Regionen ist es so eingerichtet, daß der Patient zum Arzt kommen kann. Selbstverständlich wird der Arzt, wenn der Patient nicht transportfähig ist, ihn aufsuchen, mit einem Jeep oder anders, wie das Gelände es erfordert.

Wie sind die Polikliniken verteilt; pro Stadt oder pro Einwohnerzahl?

Jede "Gesundheitszone" hat eine Poliklinik. Diese sind nicht nach der Einwohnerzahl verteilt, da es große Schwankungen in der Bevölkerungsdichte gibt. In der Regel kommt eine Poliklinik auf 2.000-3.000 Einwohner, Es gibt auch Dörfer mit 200-300 Einwohnern und einer Poliklinik.

Wie sieht die Struktur der Poliklinik aus; wie sind die Kompetenzen verteilt?

Es gibt den ersten Direktor und den Verwaltungsdirektor, Deren Maßnahmen werden koordiniert mit den Organisationen der Partei, der Jugend, der Gewerkschaft und der Frauen. So tritt z.B. die Bevölkerung an die Poliklinik heran, um den Arzt aufzusuchen, den sie gerade braucht: Innere Medizin, Pädiatrie, Geburtshilfe oder Frauenheilkunde, alle wesentlichen Fachrichtungen sind vertreten. Sollte das Problem eines Patienten in der Poliklinik nicht zu lösen sein, dann wird er in ein Allgemeines Krankenhaus verlegt, wo die nötigen Fachärzte das Problem lösen können, Außerdem hat die Poliklinik die Aufgabe der Hygiene und Epidemiologie in der Zone, in der sie liegt, wahrzunehmen. Weiter die Überwachung von Krankheitsherden, ungesunden Gegenden, Massenimpfungen, die breitere und intensivere Erfassung der werdenden Mütter - eine Aufgabe, die uns intensiv beschäftigt, um die Säuglingssterblichkeit zu senken. In den Kliniken selbst finden monatliche Versammlungen statt, wo Probleme technischer und organisatorischer Art diskutiert werden. Die Mitarbeiter in den Kliniken stellen hier ihre Probleme dar. Wenn ungelöste Probleme auftreten, wird wieder eine Versammlung einberufen, an der der Direktor teilnimmt.

Wie werden die Eltern über Gesundheitsprobleme aufgeklärt?

Durch die CDR, die Gesundheits-Front und durch Aufklärungsprogramme in Fernsehen und Rundfunk.

Welche Rolle spielen die Massenorganisationen in den Polikliniken und Krankenhäusern?

Sie haben keine direkte, sondern eine indirekte Funktion:

1. Die CDR
Alle Mitglieder der Poliklinik sind auch Mitglieder der CDR. So wirken sie mit bei der Propaganda-Arbeit in ihren Wohngebieten für medizinische Vorsorge, Untersuchungen der Frauen und eine intensivere zytologische Untersuchung. Sie helfen bei der Durchführung von Impfungen, Schwangerschaftsuntersuchungen und der Erfassung der Kinder zu Vorsorgeuntersuchungen. Außerdem helfen sie bei der Zivilverteidigung mit.

2. Die Gewerkschaften
Sie überwachen die Erfüllung der Arbeitsnormen, der Arbeitszeit, der Arbeitsschutzbestimmungen, kurz gesagt, aller Rechte und Pflichten der Arbeiter in unserem sozialistischen Land.

3. Die Kommunistische Jugend
Sie kümmert sich um alle Probleme der Jugend wie Ausbildung, soziale Angelegenheiten und sie macht Initiativen in den verschiedenen Kollektiven.

4. Die Frauenorganisation
Sie löst alle Probleme der Frauen, wie die Unterbringung der Kinder bei einer Erkrankung der Mutter, die Weiterbildung und Qualifizierung der Frauen und die Familienbetreuung bei der Delegierung von Frauen zur Weiterbildung.

Wir danken Dir für dieses Gespräch!

Brigade-Info / Ein Reisebericht aus Kuba - 1976