Esther Bejarano in Kuba

Microphone Mafia und Esther Bejarano

Foto: Gabriele Senft


Esther Bejarano gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten der antifaschistischen und fortschrittlichen Linken in Deutschland. 1924 in als Kind jüdischer Eltern in Saarlouis geboren, verliert Esther schon als Jugendliche ihre Familie. Wie sie erst später erfuhr, wurden ihre Eltern ebenso wie ihre Schwester von den Nazis ermordet. Auch Esther wird über Umwege nach Auschwitz deportiert. Sie überlebt dort nur, weil es ihr gelingt, ein Mitglied des Lagerorchesters zu werden, das auf Geheiß der SS zur Beruhigung der eintreffenden Häftlinge spielen muss. Sie wird 1943 in ein anderes Lager verschleppt, während eines Todesmarsches gelingt ihr die Flucht.



Esther wandert nach der Befreiung vom Faschismus nach Israel aus, kehrt aber 1960 mit ihrem Mann und ihren Kindern nach Deutschland zurück. 1979 wird sie Zeuge eines Aufmarsches von Neonazis, bei dem die Polizei antifaschistische Gegendemonstranten festnimmt. Esther beschließt, sich einzumischen. Sie spricht als Zeitzeugin vor Schulklassen, gründet das Auschwitz-Komitee in der BRD, tritt in die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) ein und wird deren Ehrenvorsitzende. Neben vielen anderen Auszeichnungen erhält sie im Jahr 2009 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

Seit den 1980er Jahren singt Esther wieder: Zunächst mit der Band Coincidence jüdische und antifaschistische Lieder. Seit 2009 treten Esther und ihr Sohn Joram mit der antifaschistischen Rapgruppe "Microphone Mafia" in ganz Europa auf. Im Januar 2016 erklärt Esther in der ZDF-Satiresendung "Die Anstalt" vor einem Milionenpublikum: "Verlasst Euch nicht auf diesen Staat. Den Faschismus können nur wir selbst verhindern."

Mit nunmehr 92 Jahren hat Esther Bejarano einen großen und, wie sie selbst sagt, lang gehegten Wunsch. Ihr Traum ist es, das revolutionäre Kuba zu bereisen und mit den Kubanerinnen und Kubanern ihre Musik zu teilen.

Nach langen Vorbereitungen wird dieser Traum nun im Januar 2017 Wirklichkeit. Gemeinsam mit den Rappern der Microphone Mafia und zwei Dutzend Begleiterinnen wird Esther vom 6.-14. Januar nach Kuba reisen. Die Einladung hat das Kubanische Musikinstitut ausgesprochen, empfangen wird die Reisegruppe von der Rap-Agentur derselben Einrichtung. Auf dem Programm stehen mehrere Auftritte in Havanna sowie in bis zu zwei weiteren Städten im Zentrum Kubas.

Esther und Band werden kubanische Rapper kennenlernen und mit Persönlichkeiten aus der Kulturszene zusammentreffen. Sie werden jüdisches Leben auf Kuba kennenlernen und den Musikunterricht für Kinder besuchen. Und: Esther wird Jorgito treffen, den Cuba Libre-Kolumnisten, den der eine oder die andere vielleicht aus dem Film "Die Kraft der Schwachen" kennt. Seitdem sie Jorgito durch diesen Film kennengelernt hat, habe sie sich in den Jungen verliebt, sagt sie.

Es ist aber nicht nur Esther, die beeindruckt. Kutlu Yurtseven, einer der beiden Kölner Rapper von Microphone Mafia, war ein Anwohner der Keupstraße, als dort ein Sprengsatz des neonazistischen "NSU" explodierte. Kutlu erlebte die rassistische Befragung durch die Polizei und die Verhöhnung der Opfer durch die Medien. Heute ist er einer der Aktivisten der Keupstraßen-Initiative und begleitet den NSU-Prozess kritisch. Nicht nur die Lieder von Esther Bejarano und der Microphone Mafia handeln von Schmerz und Hoffnung, Verfolgung und Kampf, von Faschismus und Widerstand; die Künstler selbst verkörpern damit Erfahrungen, die zumindest die Kubaner, die nach der Revolution geboren sind, nicht am eigenen Leib haben machen müssen. In dieser Begegnung liegt das Besondere dieses Vorhabens.

Esther Bejarano wird in Kuba mit Vertreter diverser Institutionen aus Politik und Kultur zusammentreffen. So ist ein Gespräch in der Hebräischen Gemeinde Kubas über Jüdisches Leben, Kultur und Religion in Kuba, sowie über den Umgang Antisemitismus und die gesellschaftliche Rolle der jüdischen Religion in Kuba stattfinden. Im Institut für Völkerfreundschaft wird über den aktuellen Stand der deutsch-kubanischen Beziehungen auf staatlicher Ebene und im Bereich der NGOs und der Solidaritätsbewegung gesprochen werden. Schließlich ist ein Pressegespräch über die Motivation der Sängerin, ihre Musik in Kuba vorzustellen, vorgesehen. Mit Spannung ist zu erwarten, wie vor allem die kubanischen Jugendlichen auf Esthers Präsenz und ihre Botschaft reagieren werden.

Angesichts der Bedeutung des Beitrags zur Völkerverständigung, den dieses Kulturprojekt zu leisten imstande ist, hat die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba beschlossen, ein Spendenkonto zur Verfügung zu stellen, um die Kubareise von Esther und Band finanziell zu unterstützen. Wir bitten all diejenigen, die das hier vorgestellte Vorhaben mit Sympathie betrachten, zu erwägen, einen finanziellen Beitrag zu seinem Zustandekommen zu leisten. Es muss davon ausgegangen werden, dass auch nach Abschluss der Tournee hier noch Bedarf besteht.

Spenden können auf folgendes Konto unter dem Stichwort "Esther" überwiesen werden.
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba
Bank für Sozialwirtschaft, Köln
IBAN: DE96 3702 0500 0001 2369 00
Abzugsfähige Spendenquittungen sind über unsere Geschäftsstelle erhältlich:
Maybachstr. 159, 50670 Köln, Tel. 0221-2405120, Fax 0221-6060080.

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CUBA LIBRE

(Leicht veränderte Fassung eines Artikels,
der in der Cuba Libre 01/2017 erscheinen wird)