Ohne Gegenstimme

191 Staaten votieren in der UNO für ein Ende der Blockade gegen Kuba. USA und Israel enthalten sich.

Als Washingtons UN-Botschafterin Samantha Power am Mittwoch (Ortszeit) vor der UN-Vollversammlung in New York ankündigte, dass ihr Land sich bei der Abstimmung über die von Kuba eingebrachte Resolution zur Beendigung der US-Blockade erstmals enthalten werde, gab es Beifall. Zum 25. Mal wurde über die Verurteilung von Washingtons völkerrechtswidrigem Wirtschaftskrieg gegen den Inselstaat abgestimmt, und das Ergebnis war deutlich wie nie zuvor. 191 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen stimmten der Resolution zu, es gab keine Gegenstimmen. Die zwei Enthaltungen kamen wie angekündigt von den USA und von Israel, das sich auch in den letzten Jahren immer entsprechend der Vorgabe aus Washington verhalten hatte.

Für Euphorie sah Kubas Außenminister Bruno Rodríguez in seiner Ansprache jedoch keinen Grund. Die seit über 50 Jahren einseitig verhängte Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade sei nach wie vor in vollem Umfang in Kraft, kritisierte er. Er forderte Washington zu konkreten Schritten auf, um die Blockade definitiv zu beenden. Allein in den zwölf Monaten bis April 2016 hätten die Sanktionen unmittelbar Schäden in Höhe von mehr als vier Milliarden US-Dollar verursacht.

Power hatte zuvor begründet, warum die USA erstmals nicht gegen die Resolution stimmen wollten. Die jährliche Debatte in der UNO zeige deutlich, dass der Versuch, Kuba zu isolieren, gescheitert sei. Zugleich widersprach Power aber der Aussage, dass die US-Blockade gegen internationales Recht verstoße. Die Enthaltung bedeute außerdem nicht, dass Washington der Politik der kubanischen Regierung zustimme, ergänzte Power. Trotzdem würdigte Rodríguez die Enthaltung der USA diplomatisch als »positiven Schritt für die Zukunft der Beziehungen zwischen unseren Ländern«. Es habe 24 Jahre gedauert, »bis die USA zumindest in diesem Saal ihr Abstimmungsverhalten korrigiert haben«. Das, so Rodríguez, sei vor allem der festen Position von Fidel und Raúl Castro und dem kubanischen Volk zu verdanken, welches seine Unabhängigkeit, Souveränität und Würde gegen die Blockade und alle anderen Angriffe verteidige. Rodríguez versicherte, dass sich Kuba nicht vom sozialistischen Kurs abbringen lasse: »Niemals werden wir zum Kapitalismus zurückkehren!«

»Die Blockade ist gescheitert«, kommentierte der Vertreter Jamaikas den erneuten Erfolg Kubas und erklärte zuversichtlich: »Ihre Tage sind gezählt.« Delegierte aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik sowie die Vertreter Chinas und Russlands verurteilten die Sanktionen Washingtons und deren exterritoriale Anwendung auf andere Länder als »völkerrechtswidrig« und als »Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen«. Der Botschafter Boliviens nannte die Strafmaßnahmen »illegal, unmoralisch und kriminell«. Nicaragua forderte Washington auf, seine Politik generell zu überdenken und das von den USA besetzte Gebiet in der kubanischen Provinz Guantánamo zurückzugeben. Südafrika würdigte das Engagement des Inselstaats als eine Hoffnung für viele Völker der Welt. Kuba spiele eine wichtige Rolle für die Zukunft des Planeten. Venezuelas UN-Botschafter Rafael Ramírez sagte als Sprecher der Bewegung der Blockfreien Staaten, die US-Politik in Lateinamerika sei seit 57 Jahren gescheitert. Moralisch habe das sozialistische Kuba die Großmacht längst besiegt. Für die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) forderte der Repräsentant der Dominikanischen Republik in einer emotionalen Rede Washington auf, »die Entscheidung der Völker der Welt endlich zu respektieren«.

China nannte die Blockade anachronistisch und verlangte, dass auch Washington das internationale Recht sowie die Regeln und Prinzipien der Vereinten Nationen befolgen müsse. Der Vertreter Russlands ging noch weiter. Die Welt könne das Verhalten Washingtons nicht tolerieren, erklärte Moskaus UN-Botschafter und forderte eine Reform der Vereinten Nationen: »Wir brauchen eine internationale Ordnung, die in der Lage ist zu garantieren, dass alle Nationen einschließlich der USA die UN-Charta respektieren.«

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
Junge Welt, 28.10.2016