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Gefährliches Zwitschern

»ZunZuneo«: USA betrieben Twitter-Klon gegen Kuba. Ein Nachfolger ist längst aktiv.

ZunZuneo steht im kubanischen Spanisch für das Zwitschern des einheimischen Kolibris. Diesen Namen trug auch ein Projekt, das der US-Dienst USAID drei Jahre lang gegen Kuba durchgeführt hat. Wie die Nachrichtenagentur AP am Donnerstag berichtete, handelte es sich dabei um eine Kopie des Kurznachrichtendienstes Twitter, in den die »Entwicklungshilfeagentur« AP zufolge bis 2012 über ausländische Banken und Tarnfirmen rund 1,6 Millionen Dollar investierte.

Das »ZunZuneo-Projekt« wurde 2009 gestartet. Zuvor soll ein Techniker von Cubacel, der Mobilfunktochter des kubanischen Telekommunikationsunternehmens ETECSA, Washington eine halbe Million kubanischer Handynummern verkauft haben. Auf der Insel sei dann ein Dienst zum Versand von Kurznachrichten über Handys angeboten worden. Interessenten wurden mit kostenlosen Sportergebnissen, Musik und Wetterberichten geködert. Es sollten Mitteilungen mit politischen Inhalten folgen, um die überwiegend jugendlichen Nutzer zu spontanen Aktionen und später zu Massenprotesten anzustiften. Innerhalb von zwei Jahren hatten die US-Agenten rund 40000 Nutzer gewinnen können. Denen war allerdings weder bewußt, daß sie von einem Dienst mit Verbindung zum US-Außenministerium reingelegt worden waren, noch daß US-Unternehmen alle Informationen über sie speicherten.

Die Aktion könnte selbst nach den Gesetzen der USA illegal gewesen sein. Derartige verdeckte Operationen sind dort nur nach Genehmigung durch den Präsidenten zulässig, außerdem muß der Kongreß informiert werden. Noch am Donnerstag versuchte der Sprecher des Weißen Hauses, Jim Carney, den Schaden zu begrenzen. Er behauptete, »ZunZuneo« sei weder geheim noch eine genehmigungspflichtige verdeckte Operation gewesen. Die Frage, warum USAID dann die 1,6 Millionen für das Projekt offiziell als Hilfsleistung für Pakistan deklariert hatte und warum es die Anweisung gab, »die Beteiligung der US-Regierung in keinem Fall zu erwähnen«, beantwortete Carney nicht.

Die kubanische Tageszeitung Granma wertete den AP-Artikel als »Bestätigung der Vorwürfe«, die Präsident Raúl Castro am 1. Januar zum 55. Jahrestag der Revolution erhoben hatte. Der Staatschef hatte Washington beschuldigt, sich an junge Kubaner heranzumachen und mit subtilen Methoden Propaganda für eine Restauration des Kapitalismus zu verbreiten. Während die kubanischen Medien darauf hinwiesen, daß »ZunZuneo« nur einer von zahlreichen US-Versuchen zur Destabilisierung des Landes gewesen sei, beließen es fast alle westlichen Publikationen bei dem Hinweis, daß dieses Projekt im September 2012 eingestellt worden sei.

Verschwiegen wird, daß es längst Nachfolgeprogramme gibt, die das beeendete nahtlos fortsetzen und die sowohl Obama als auch dem Kongreß bekannt sind. So hatte am 13. Juni 2013 Carlos García Pérez, Direktor der von der Regierung finanzierten Behörde für Propagandasendungen gegen Kuba, dem »U.S. Office of Cuban Broadcasting« (OCB), im Kongreß neue Strategien zur Herbeiführung eines Systemwechsels in Havanna vorgestellt. Mit deren Umsetzung wurde bereits einen Tag später begonnen (jW berichtete). Dabei präsentierte García Pérez unter anderem eine Plattform mit dem Namen »Piramideo«. Auf deren nicht in den USA, sondern in Spanien angemeldeten Homepage stellt sich dieser seit dem 14. Juni 2013 aktive Dienst als »soziales Netzwerk, das dir den Kontakt mit deinen Leuten ermöglicht«, vor. Einmal bei einer kostenlosen Nummer in Spanien registriert, kann ein Teilnehmer über sein normales Mobiltelefon mit einer einzigen Verbindung eine nahezu unbegrenzte Anzahl von Empfängern erreichen. Mit einer einzigen SMS können so Hunderte Menschen kontaktiert und mobilisiert werden. Für die US-Regierung ein wichtiger Schritt, um einem »arabischen Frühling« auf Kuba näherzukommen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 05.04.2014