Jorgitos Log

Kuba war spürbar in Panama

Jorgito Jerez Belisario


Die Kubanische Revolution schreibt unglaubliche Geschichten.

Jorge Enrique Jeréz Belisario kam 1993 mit einer schweren spastischen Lähmung auf die Welt. Er selbst sagt, dass es Jorgito el Camagüeyano nur deshalb heute noch gibt, weil er unter der schützenden Hand der Revolution aufwachsen konnte. So verwirklicht er heute seinen Lebenstraum und studiert Journalismus.
Sein ganzer Einsatz galt der Befreiung der Cuban Five, die ihn ihrerseits wie einen Sohn behandeln.

Jorgito erzählt seine Geschichte auf seinem Blog (http://jorgitoxcuba.wordpress.com/).
Die CUBA LIBRE ehrt er mit einer regelmäßigen Kolumne.


Jorgito Jerez war einer der Vertreter der kubanischen Jugend in Panama.

Parallel zum diesjährigen Amerika-Gipfel in Panama wurden Foren organisiert, auf denen die amerikanischen Völker zu Wort kommen sollten. Ich selbst wurde vom Organisationskomitee für die Teilnahme am IV. Jugendforum zugelassen, wo ich das Thema der Inklusion behinderter Menschen einbringen und bei der Verfassung der Abschlusserklärung des Jugendforums mitwirken konnte.

Nicht allen Vertreterinnen und Vertretern der kubanischen Zivilgesellschaft gelang es überhaupt, sich einzuschreiben, und später in Panama wurde vielen von uns zunächst die Akkreditierung verweigert.

Auf der anderen Seite wurde eine ganze Fauna von Konterrevolutionären mit Akkreditierungen versorgt. Die Vertreter der Ultrarechten des Kontinents versuchten überall, unsere Positionen anzugreifen. Dabei konnten sie sich auf die Unterstützung der kapitalhörigen Presse stützen.

Im gleichen Atemzug, in dem diese Pressevertreter die Anwesenheit von Führern der Konterrevolution wie Elizardo Sánchez verteidigten, verleumdeten sie die wahren Vertreter Kubas als »gewalttätig«. Unsere »Gewalt« bestand beispielsweise in unserer Weigerung, einen Dialog mit dem Mörder von Ernesto Che Guevara zu führen. Die Söldnerpräsenz in Panama stellte unter Beweis, dass die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sich nicht von ihrer spalterischen Vergangenheit hat lösen können und ungebrochen den Neoliberalismus als Perspektive für unsere Völker betrachtet.

Mein Leben lang hatte ich noch nicht einen dermaßen propagandistischen Diskurs zu hören bekommen, wie die Rede des für Lateinamerika zuständigen Vizepräsidenten der Weltbank. Kuba solle sich endlich reumütig zeigen und sich von seinem Alternativmodell zum Kapitalismus abwenden. Endlich konnte ich in der Praxis kennenlernen, was man in der Theorie als »Demagogie « bezeichnet. Ich war sehr erstaunt zu hören, dass der Auftrag der Weltbank darin bestehen solle, Armut und Hunger zu bekämpfen. Eigentlich hätte diese Bemerkung die Nachfrage verdient, wie das mit neoliberalen Rezepten erreichbar sein soll, aber das Demokratieverständnis der Gipfelorganisatoren hatte keine Nachfragen vorgesehen.

Die OAS hatte sich dafür entschieden, einen ganzen Reigen an Konterrevolutionären zu akkreditieren. Durch die Flure des Konferenzzentrums wandelten Söldner des Formats von Guillermo Fariñas, ein ausdrücklicher Bewunderer von Posada Carriles – einem Mann, der 1976 durch ein Attentat gegen ein kubanisches Flugzeug 73 Menschen massakrierte. Auch Félix Rodríguez war dort, eben jener CIA-Agent, der die Ermordung von Che Guevara anordnete. Ein aufrechter Kubaner kann nicht mit diesen irrationalen Wesen diskutieren, an deren Händen Blut klebt. Wir protestierten auf diplomatischer Ebene – und als die Organisatoren nichts unternahmen, gingen wir zum gewaltfreien Widerstand über.

Wenn man diesen Söldnern von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, begreift man, warum Kuba niemals in die Hände dieser Gestalten fallen darf. Das ist unsere Aufgabe als junge Kubaner. Wir mögen vielleicht nicht beim Angriff auf die Moncada-Kaserne dabei gewesen sein, wir sind vielleicht nicht mit der Granma gekommen und nicht in die Sierra Maestra aufgestiegen. Aber für anderthalb Groschen kaufen lassen wir uns gewiss nicht.

In dem Moment, in dem die Komplizen des Imperiums sich anschickten, eine Zivilgesellschaft darzustellen, die sie gar nicht sind, und wir unseren Protest dagegen deutlich machten, gingen mir Lieder durch den Kopf: El Necio von Silvio Rodríguez, die Bayamo-Hymne, der Marsch des 26. Juli und mischten sich mit meinen aufgewühlten Gefühlen.

Trotz der Bedrohungen und trotz der intriganten Manöver im Verlauf der Foren gelang es uns, der kubanischen Jugend, einiges in die Abschlusserklärung einzubringen. Wir verteidigten das Recht auf Nichteinmischung in die Inneren Angelegenheiten der Staaten, den Respekt vor der demokratisch legitimierten Gesellschaftsordnung eines jeden Landes, die Gültigkeit aller Menschenrechte und die Ablehnung ihres Missbrauchs zur Rechtfertigung von Interventionen. Wir haben auch das Recht auf eine hochwertige und kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung verteidigt, neben anderen Punkten, deren Umsetzung für unsere Völker einen enormen Fortschritt bedeuten würde. All dies waren Positionen, die man auf den vorherigen Gipfeln (die ohne die Beteiligung Kubas stattfanden) nie gehört hatte.

Allerdings wurde die Abschlusserklärung auf dem offiziellen Gipfel nicht verabschiedet, da die USA und Kanada diese Aussagen nicht mittragen konnten.

Wenn wir das Geschehen auf dem VII. Gipfel der Völker Amerikas zusammenfassen wollten, könnten wir sagen: Wir überstanden den Hinterhalt, gingen zum Gegenangriff über und schlugen den Gegner zurück. Die OAS wurde ein bisschen tiefer begraben, als sie es ohnehin schon war. Sie kann dem Drang zur Veränderung, der einen ganzen Kontinent erfüllt, einfach nicht widerstehen. Es waren historische Tage für Kuba und ich muss der Organisation Amerikanischer Staaten schlussendlich dankbar sein, dass sie mir die Möglichkeit gegeben hat, zum rechten Moment mein Land zu verteidigen.

Wir vertraten die Würde Kubas, und viele waren erstaunt über den Mut der Kubaner: Wir erhoben uns, vertraten unsere Positionen, verhandelten und über alle Unterschiede hinweg formulierten wir die Leitlinien für ein besseres Amerika. Eine Gruppe von Jugendlichen in Vertretung der kubanischen Jugend als Ganzes erlebte historische Momente.

Kuba war in Panama spürbar, und die Kubaner, die wir die Möglichkeit hatten, dort zu sein, spürten die Anerkennung derjenigen, die uns als ein Leuchtfeuer ansehen, welches die Richtung vorgibt. Denn viele der Träume der Jugendlichen unseres Kontinents, wie freie Gesundheitsversorgung und Bildung, sind für uns Kubaner längst Wirklichkeit geworden.


Logo CUBA LIBRE (Übersetzung: Tobias Kriele)

CUBA LIBRE 3-2015