»Fünf Tage für die Cuban 5« in Washington DC

Die Bundestagsabgeordnete Azize Tank (Fraktion DIE LINKE.) und Rechtsanwalt Eberhard Schultz, Vorstandsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte und aktiv im RAV (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälte-Verein) nahmen an einem internationalen Treffen in Washington teil und fordern eine humanitäre Lösung für die verbliebenen drei politischen Gefangenen und die längst überfällige Normalisierung der Beziehungen zwischen der USA und Kuba.

In Washington haben wir nicht nur Routine und Effizienz erlebt, hier kam etwas dazu, das sich nicht nur mit lateinamerikanischem Temperament vieler TeilnehmerInnen erklären lässt; Überrascht und tief berührt waren wir immer wieder von dem authentischen Engagement, dem Optimismus und Kampfgeist der meisten Beiträge – auch der US-amerikanischen Rechtsanwälte, MenschenrechtlerInnen, PolitikerInnen. PastorInnen und vieler anderen.

Die Highlights der zweitägigen Fachkonferenz

Den Auftakt bildete eine zweitägige Konferenz unter dem Motto »Eine neue Ära in den Beziehungen USA – Kuba und dem Fall der Cuban 5« im Zentrum Washingtons mit interessanten, zum Teil hochrangigen Rednerinnen und Rednern und VertreterInnen aus über 30 Ländern – neben den USA vor allem viele aus Kanada, Lateinamerika (ein Dutzend alleine aus El Salvador!) und den skandinavischen Ländern.

Nach der Eröffnung durch das Internationale Komitee für die Freiheit der fünf bildeten die Grußbotschaften von Rene Gonzales sowie Fernando Gonzales die Höhepunkte. Mit bewegenden Worten bedankten sie sich bei den TeilnehmerInnen und riefen zur Fortsetzung des Kampfes auf. Es folgten Grußworte der Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Manchu und des Befreiungstheologen Frei Betto aus Brasilien.

Auf dem Eröffnungsplenum ergriffen zwei hohe kirchliche Würdenträger, die frühere Generalsekretärin des Nationalen Rates der Kirchen der USA. Rev. Joan Brown Campbell, und der frühere Bischof von Detroit, Thomas Gumbleton, sowie Jose Ramon Cabanas, der Chef der Interessenvertretung Kubas in den USA, das Wort, und schließlich sprach der Schauspieler Danny Glover.

Das erste Panel behandelte die Perspektiven der Beziehungen zwischen der USA und Kuba und des geheimen USAID-Programms gegen Kuba. Klare Worte fanden Lawrence Wilkerson, früherer hoher General der US-Army und Verwaltungschef des US-Verteidigungsministers Powell, sowie Wayne Smith, früherer Chef der US-Interessenvertretung in Havanna: Die Cuban 5 hätten unbewaffnet, ohne Absicht, der USA irgendwie zu schaden, gehandelt in dem Willen, ihre Mitbürger vor Invasion und wiederholten Angriffen der exil-kubanischen Amerikaner zu schützen.

Es folgte das Panel über die Geschichte des Terrorismus gegen Kuba und den Fall der Cuban 5.

Beiträge zum »Legal Update«

Im Zentrum standen zwei Themen:

- Die Situation der »Cuban 5« und die Bemühungen auf nationaler und internationaler Ebene, um die drei noch Inhaftierten endlich freizubekommen.

- Die Hintergründe für die Aktivitäten der Cuban 5 in den Exil-Organisationen in Miami mit Berichten über die Geschichte terroristischer Aktionen gegen Kuba.

Martin Garbus, Hauptverteidiger des Legal-Teams, fasste die unmenschlichen Haftbedingungen, denen sein Mandant, Gerardo Fernandez seit fast 15 Jahren unterworfen ist, als Folter im Sinne der UN-Konventionen zusammen.

Dann berichtete er über den Stand des neuen Wiederaufnahme-Verfahrens: Inzwischen sind neue Beweismittel ans Tageslicht gekommen, wonach nicht nur die Jurymitglieder im Strafverfahren erster Instanz in Miami eingeschüchtert und bedroht worden sind, sondern auch Journalisten, die über den Fall berichtet haben.

Peter Schey, der Direktor des CHRCL (Center for Human Rights and Constitutional Law) aus Los Angeles fasste den aktuellen, über 40 seitigen Bericht über die Verurteilungen und unverhältnismäßigen Strafen gegen die Cuban 5 sowie den rechtlichen Rahmen für die humanitäre Entlassung und Repatriierung der drei verbliebenen Gefangenen zusammen. Der Bericht, der sich intensiv mit den Vorwürfen der Spionage und »Konspiration zum Mord« (Gerardo Hernandez wurde zu zwei Mal lebenslänglich plus 15 Jahren verurteilt) befasst, kommt zu dem Schluss:

»Aus all diesen Gründen sollte der Fall der Cuban 5 jetzt dadurch beendet werden, dass die verbliebenen drei entlassen werden und ihnen erlaubt wird, nach Hause zu ihren Familien zurückzukehren.«

Es folgten Beiträge weiterer Rechtsanwälte – u.a. des Präsidenten der »American Association of Jurists« Vanes Ramos aus Argentinien und eines Vorstandsmitglieds der National Lawyers Guild (NLA), Art Heitzer, sowie von Rechtsanwalts-Kollegen aus Italien und Puerto Rico.

In seiner »Intervention« erläuterte Menschenrechtsanwalt Eberhard Schultz, Berlin, der schon im vorigen Jahrzehnt zweimal zur Prozessbeobachtung des Verfahrens in Miami und in Atlanta gewesen war und einen »amicus curiae« im Verfahren vor dem Supreme Court mitorganisiert hatte, dass die Durchsetzung der Menschenrechte, die – gerade in Strafverfahren mit politischem Hintergrund – unter dem Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung oft mit Füßen getreten werden, eine universale Aufgabe ist.

Eindrucksvolle Demonstration

Am Tag 3 fand eine Rallye statt, an der insgesamt 500 Personen teilnahmen. Sie begann mit einem kurzen Demonstrationszug und einem Fahrrad-Korso zum Weißen Haus. Vor dem Justizministerium fand die Abschlusskundgebung statt, auf der verschiedene RednerInnen aus mehreren Ländern sprachen.

Azize Tank übermittelte die Grüße der Solidaritätsbewegung aus Deutschland: »Die Rückkehr der beiden freigelassenen Kubaner zu ihren Familien ist nicht nur ein Erfolg der internationalen Solidaritätsbewegung, sondern auch eine Ermutigung für uns alle im Kampf für eine friedliche Welt ohne Terror und Unterdrückung. Jetzt muss der Kampf für die restlichen drei verstärkt werden. Dafür werde ich mich als Bundestagsabgeordnete, als Mensch und Frau einsetzen.«

Das »Lobbying« bei den ParlamentarierInnen im Capitol

Die letzten beiden Tage standen im Zeichen des intensiv vorbereiteten »Lobbying« mit US-amerikanischen ParlamentarierInnen in den Räumen des Capitol-Hills.

Hier unsere ersten Eindrücke von den Gesprächen:

- mit dem Demokraten McGovern aus Massachusetts, einem früheren Sprecher im Menschenrechtsausschuss, der sich bereits öffentlich für die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba und die Beendigung der Blockade ausgesprochen hatte; die Bedingungen für einen Dialog und die Freilassung der Fünf durch die Obama-Administration seien momentan günstig, das Zeitfenster aber wegen des bevorstehenden Wahlkampfes zur Präsidentenwahl kurz; die beste Möglichkeit für ausländische Gäste sieht er darin, Druck auf ihre jeweiligen Regierungen auszuüben, damit diese von Obama die Freilassung forderten.

- Nancy Pelosi, die frühere Sprecherin der Republikaner, die sich auch für eine Normalisierung – allerdings mit der Vorbedingung einer »Demokratisierung Kubas« – ausgesprochen hatte, ließ sich durch eine Mitarbeiterin vertreten.

- Der Abgeordnete David Price (Demokraten), der sich ebenfalls für Verhandlungen mit Kuba ausgesprochen hatte, hörte sich unsere Anliegen interessiert an. Zur Anregunäaus den USA und anderen Ländern ins Leben zu rufen, meinte er, dass die Forderungen nach einer humanitären Lösung und Verhandlungen mit Kuba dafür möglich und sinnvoll seien.

Wir sind gespannt und warten auf erste Ergebnisse dieser Lobby-Gespräche, insbesondere der Idee eines Offenen Briefes von ParlamentarierInnen aus vielen Ländern und der ebenfalls von Azize eingebrachten Idee eines internationalen Netzwerkes von Abgeordneten, die von den anwesenden ParlamentarierInnen unterstützt wurde.

Bei einer anschließenden Veranstaltung in der Botschaft Venezuelas sprachen u. a. die Vertreter Kubas, lateinamerikanischer und anderer Länder. Abschließend dankten mehrere RednerInnen den OrganisatorInnen unter großem Beifall für ihre Vorbereitung und verabredeten sich zu einem großen Fest mit allen fünf Cuban 5 zusammen in Havanna.

CUBA LIBRE Bericht von Azize Tank, MdB und Eberhard Schultz

CUBA LIBRE 3-2014