Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.

Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Der Fall:
Was wir über Yoani Sánchez und Kuba nicht zu wissen brauchen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen


Die Informationsfreiheit ist in unserer Gesellschaft ein kostbares Gut, mit dem man sparsam umgehen muss. Deshalb befinden wenige Entscheider in den (überwiegend privaten) Mainstreammedien allein darüber, was die Menschen hier über Kuba erfahren sollen – und was nicht. In der Praxis sieht das dann so aus:

- Nicht berichtet wurde zum Beispiel über die im Juni veranstaltete Aktionswoche für die Freilassung der Cuban Five in Washington.

- Die Internationale Anhörung zu dem gleichen Fall, die Anfang März in London stattfand, wurde ebenfalls nicht erwähnt, obwohl eine Reihe von Nobelpreisträgern dazu aufgerufen hatten.


- Im Mai enthüllte der US-Journalist Tracey Eaton in seinem Blog »Along the Malecón«, dass die US-Regierung von Januar 2008 bis April 2014 an Journalisten in verschiedenen Ländern insgesamt rund 700 000 Dollar für antikubanische Berichte gezahlt hat. Auch diese Information wird verschwiegen.

- Nicht gemeldet wurde, dass Kuba im Mai erstmals die Weltgesundheitsversammlung, das zentrale Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf leitete. Auf der Tagung der WHO, der 194 Staaten angehören, wurde Kubas Gesundheitswesen als vorbildlich dargestellt.

- Verheimlicht wurde auch der Protest der Schauspielerin Sharon Stone, die im Februar wegen der US-Blockade nicht nach Kuba reisen konnte, um an der dort realisierten Hollywood-Produktion »Papa« mitzuwirken. Üblicherweise lässt die Regenbogenpresse sich derartige Themen nicht entgehen.

Soweit ein kurzer Überblick über einige der zensierten Meldungen der letzten Wochen.

Online-Portal – Made in USA

Allerdings übten sich die großen Medien keineswegs in totaler Kuba-Abstinenz. Ein einziges Thema wurde in nahezu allen deutschsprachigen Medien – die Google-Suche ist Zeuge – in epischer Breite ausgewalzt: Yoani Sánchez, die in Kuba unbekannte Star-Bloggerin der Konterrevolution, war wieder einmal in allen Kanälen und Zeitungsspalten angesagt. »Furchtlos« habe sie ein neues Projekt angekündigt, verbreitete dpa am 15. Mai, nämlich »ein unabhängiges Online-Medium als Gegengewicht zur gleichgeschalteten kubanischen Staatspresse«.

Noch am gleichen Tag wurde die frohe Botschaft dem Medienpublikum auf allen Kontinenten synchron verkündet. Sogleich feierte die berüchtigte rechtslastige »Internationale Gesellschaft für Menschenrechte« (IGFM) das »mutige Projekt«, das das Ziel habe, »das Informationsmonopol der Castro-Regierung zu beenden «. Während die meisten Zeitungen sich mit der dpa-Version begnügten, lies die TAZ, die Sánchez Deutschland-Auftritte im letzten Jahr gefördert hatte, einen eigenen Lobartikel anfertigen, den der Autor in wenig veränderter Form auch in der Schweizer Wochenzeitung (WOZ) unterbrachte. Das »Neue Deutschland « vermeldete gar, dass Yoanis Seiten »in dem sozialistischen Land gesperrt worden seien« und kubanische Internet-Nutzer stattdessen auf eine Seite umgeleitet würden, auf der »die Regierung von Präsident Raúl Castro gelobt« und »Schmähbeiträge auf Sánchez« stünden. Damit war auch die »sozialistische Tageszeitung « im Mainstream angekommen.

Von den »freien Medien« wurde allerdings verschwiegen, wer hinter dem »unabhängigen« Projekt mit dem Namen »14ymedio« steht. Die Domain »14ymedio.com« wurde im März für die US-Firma »EVERYONES INTERNET, LTD.DBA SOFTLAYER«, einer IBM-Tochtergesellschaft mit Sitz in Dallas (Texas), registriert. Diese Firma nennt als Inhaberin des Titels und Administratorin »Yoani María Sánchez Cordero« mit der Anschrift »Calle Conde De Aranda Nr. 20« in Madrid (Spanien). Außer dieser Adresse kommt der gesamte technische Support für das aufwendige Projekt, an dem noch die Firmen »Cogent-Communications« mit Sitz in Washington D.C. und »Akamai« mit Sitz in Cambridge, MA (USA) beteiligt sind, aus den Vereinigten Staaten. Das erfuhren die Leser aber nicht.

Auch Vorwürfe von Sánchez langjährigem italienischem Übersetzer, Gordiano Lupi, wurden in den deutschen Medien (mit Ausnahme der TAZ) komplett zensiert. Der rechtskonservative Lupi hatte der »reichsten Bloggerin der Welt« die Unterstützung aufgekündigt und ihre Online-Zeitung, »die niemand in Kuba liest« einen »Betrug« genannt. Yoani Sánchez stelle sich weltweit als verfolgtes Opfer dar, obwohl sie ihre Texte unbehelligt in Kuba schreiben und publizieren könne und beliebig ein- und ausreise wie sonst niemand in Kuba. »Das Einzige worum es der Dame geht«, klagt ihr einstiger Gefolgsmann frustriert, »ist, dass irgendjemand sie und ihre Projekte finanziert«. Wer in Deutschland kein italienisch oder spanisch versteht und im Internet recherchiert, erfährt von dieser Kritik nie etwas.

CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 3-2014